Mildes Wetter ist schlecht für „Kugeln des Glücks“
Elke Schroll betreibt seit rund 24 Jahren ehrenamtlich eine Igelstation im Aichacher Stadtteil Oberbernbach. Sie hat viel zu tun. Denn die derzeit milden Wintertemperaturen können für die Tiere gefährlich sein
Aichach Oberbernbach Gerade mal 21 Gramm wog der kleine Igel, als er im Januar bei Elke Schroll im Aichacher Stadtteil Oberbernbach landete. Viel zu wenig Gewicht, um damit über den Winter zu kommen. Schroll, die Leiterin einer Igelauffangstation in Oberbernbach, hat in diesem Jahr besonders viel zu tun. Wegen des milden Winters wachen sogar Igel auf, die eigentlich schon im Winterschlaf waren. Das ist für das nachtaktive Wildtier lebensgefährlich.
Schroll ist schon seit Langem die Ansprechpartnerin in der Region, wenn es um Igel geht. Vor 27 Jahren war das noch ganz anders. Damals wusste sie nicht besonders viel über die stacheligen Tiere. Das änderte sich abrupt, als sie im November in ihrem Garten einen Igel fand. „Mein Hund hat mich darauf aufmerksam gemacht“, erinnert sie sich. 250 Gramm wog der kleine Igel, und Schroll war klar, dass er Hilfe brauchte, um lebend über den Winter zu kommen. Schroll rückblickend: „Das war die Geburtsstunde der Igelberatungsstelle.“Denn es nicht viel Informationsmaterial über die stacheligen Gesellen. Mit Unterstützung eines Tierarztes eignete sich Schroll viel Wissen an. Zudem suchte sie im In- und Ausland nach Fachliteratur und übersetzte sich die Texte aus dem Englischen teilweise sogar selbst. Relativ schnell sei sie außerdem einem Expertenkreis beigetreten, erzählt die Oberbernbacherin. Im Laufe der Jahre eignete sie sich einen immensen Wissensschatz an. Inzwischen sind es rund 24 Jahre, in denen sie ehrenamtlich eine Igelstation betreibt. Hier betreut sie hilfsbedürftige Igel ambulant und stationär – manchmal bis spät in die Nacht hinein. Jedes einzelne Tier wird untersucht und nach Bedarf entlaust, entzeckt oder entwurmt. Wenn nötig, verabreicht Schroll Medikamente oder Aufbauspritzen. Auf einem Krankenblatt dokumentiert sie alles. Diese Daten fließen auch in die Igelforschung ein. „Etwa 1200 dokumentierte Tierbehandlungen haben zu einer Doktorarbeit beigetragen“, erzählt Schroll.
Die Igel kommen teilweise in jämmerlichem Zustand bei ihr an. Sie habe schon Tiere bekommen, deren Füße in Gartennetzen verheddert waren, berichtet sie. Erst kürzlich brachte jemand einen Igel, der an die 700 Zecken hatte. Sechs Stunden habe sie gesessen, bis sie alle abgegab sammelt hatte, so Schroll. „Kugeln des Glücks“nennt sie ihre stacheligen Pensionsgäste – weil es die Seele berühre, wenn man einem Igel zum ersten Mal ins Gesicht sehe, sagt sie. „Selbst wenn man mit einem Igel nichts am Hut hat.“Ob sie die Tiere liebt? Nein, so würde die Oberbernbacherin es nicht bezeichnen. „Ich empfinde eine zeitweise Verantwortung für das Tier und Fürsorge, damit es im optimalen Zustand wieder in die Natur zurückgeführt werden kann.“Das ist Schroll, die 2009 für ihr Engagement den Umweltpreis des Landkreises erhielt, wichtig: Sie behält die Igel nur so lange bei sich, bis sie sich stabilisiert haben. Dann übergibt sie sie wieder den Findern, denen sie mit Rat und Tat beisteht.
Normalerweise werden die meisten Igel im Herbst gefunden. Die milden Wintertemperaturen sorgen jedoch dafür, dass bei Schroll seit Weihnachten kontinuierlich immer wieder Tiere abgegeben werden. Knapp 20 Pensionsgäste hat sie derzeit. „Das ist ganz atypisch“, sagt sie. Bei den momentanen Temperaturen schlafen auch Igel, die Winterschlaf halten, nur oberflächlich, weiß Schroll. Das Gefährliche daran: Die Tiere verbrauchen dabei mehr Energie als im normalen Winterschlaf und wachen deshalb im Frühjahr geschwächt auf.