Friedberger Allgemeine

Womit die Feuerwehre­n zu kämpfen haben

Der bayernweit­e Mitglieder­schwund hat die Ortsverein­e in Mering und Kissing noch nicht getroffen. Dennoch stehen auch sie vor Herausford­erungen. Warum eine Entscheidu­ng im Landtag auf Unverständ­nis stößt

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing/Mering Die Zahl der Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehre­n ist in ganz Bayern seit Jahren rückläufig. In manchen Landkreise­n geben Ortsverein­e auf, weil sie nicht mehr genug Einsatzkrä­fte stellen können. Zurück bleiben leer stehende Feuerwehrh­äuser.

In Mering sieht das anders aus. „Die Mitglieder­zahlen sind steigend“, sagt Kommandant Andreas Regau. Mit der Löschgrupp­e Baierberg sind es zurzeit 98, hinzukomme­n 15 Jugendlich­e. Die Feuerwehr profitiere davon, dass immer mehr Menschen in die Marktgemei­nde ziehen. Das verschaffe auch der Feuerwehr Zulauf. Regau kann sich aber noch gut an Zeiten erinnern, in denen einige Spinde leer waren. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e Felix Heine sagt daher: „Wir bilden uns nichts darauf ein und wissen, dass das in ein paar Jahren wieder anders aussehen kann.“

Zusammen mit den Kameraden aus Kissing sprechen sie in deren Feuerwehrh­aus über die Entwicklun­g in den vergangene­n Jahren. Der Kissinger Peter Schattka, der auch Kreisbrand­meister ist, sagt, dass die einzelnen Ortseinhei­ten nicht immer einer Meinung sind. „Aber der Zusammenha­lt ist da, im Ernstfall sind wir aufeinande­r angewiesen.“

Alle Notrufe kommen in Augsburg bei der integriert­en Leitstelle an. Vereinfach­t erklärt, schaut dort ein Mitarbeite­r, welche Einsatzkrä­fte mit welcher Ausrüstung benötigt werden und wo sie in der Nähe verfügbar sind. Dann alarmiert er die Einheiten – unter Umständen auch aus mehreren Gemeinden. In regelmäßig­en Abständen melden die Feuerwehre­n, über welche Stärke sie verfügen. Mering stellt tagsüber zwei Gruppen, etwa 15 Mann. Kissing eine Staffel, sechs Leute.

Schichtarb­eiter sind bei der Feuerwehr sehr beliebt, weil sie oft tagsüber verfügbar sind. Zudem wird sowohl in Mering als auch in Kissing erwartet, dass sich die Gemeindear­beiter der Freiwillig­en Feuerwehr anschließe­n. „Unser Bürgermeis­ter unterstütz­t uns zu 100 Prozent“, sagt der Kissinger Schattka. Auch die Meringer betonen, dass ihr Gemeindeob­erhaupt hinter ihnen steht. Jedoch sei es nicht immer einfach, tagsüber die angegebene Stärke zu gewährleis­ten.

Laut dem Vorsitzend­en Josef Kreigl hat Kissing zurzeit 68 aktive Mitglieder. Hinzu kommen 16 Jugendlich­e, auf die er besonders stolz ist. „Der Zusammenha­lt ist einfach super“, sagt er. Schattka erzählt, wie der Nachwuchs an Samstagen begeistert dabei hilft, die Fahrzeuge und Geräte zu pflegen und zu warten. Auch ein paar Mädchen seien in der Gruppe, bestätigt Gerätewart Manfred Sonntag. Der Hausmeiste­r an der Mittelschu­le, selbst bei der habe die Jugendlich­en mit seiner Begeisteru­ng angesteckt.

Im Hinblick auf die aktiven Einsatzkrä­fte sind die Umstände aber laut Schattka schwierige­r geworden. Früher hätte es mehr Landwirte gegeben und mehr Menschen, die vor Ort arbeiten, zum Beispiel im Eisenwerk Frisch in Kissing. Die Arbeitgebe­r seien entgegenko­mmender gewesen, was die Freigabe von Mitarbeite­rn bei Einsätzen angeht. Merings stellvertr­etender Vorsitzend­er Heine erklärt: „Die Einsatzgeb­iete haben sich total gewandelt und sind zeitlich intensiver geworden.“Brände zu löschen sei nur noch ein Teil der Aufgaben. Das Stichwort lautet: technische Hilfeleist­ungen. Die umfassen ein breites Gebiet. Die Feuerwehrl­eute beseitigen Ölspuren, unterstütz­en die Polizei nach Unfällen oder öffnen für die Rettungsdi­enste Wohnungstü­ren. Schattka sagt: „Wir sind Mädchen für alles.“Früher hätten sich die Dorfbewohn­er selbst zu helfen gewusst.

Inzwischen seien nach Mering und Kissing aber viele Menschen aus Großstädte­n gezogen, die andere Standards gewohnt seien. Merings Kommandant Regau kann sich an einen Einsatz wegen eines piepsenden Feuermelde­rs erinnern. „Die Batterie war leer“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Hinzu kommen Dokumentat­ionspflich­ten, die es vor einigen Jahren noch nicht gab. Die Ausrüstung müsse regelmäßig überprüft werden. Im schlimmste­n Fall drohe Ärger mit Versicheru­ngen oder vor Gericht.

Als Reaktion auf den Mitglieder­schwund hat der bayerische Landtag vor Kurzem beschlosse­n, die Altersgren­ze für Feuerwehrl­eute von bisher 63 auf 65 Jahre anzuheben. „Eine Verschiebu­ng der Probleme“, sagt Regau. Wer bis zum 60. LeFeuerweh­r, bensjahr mitmache, der sei sehr engagiert.

Die Einsätze seien körperlich äußerst anspruchsv­oll und die Mitglieder werden oft gebraucht. Die Meringer hatten im vergangene­n Jahr 156 Einsätze, die Kissinger 88. Hinzu kommen Übungsstun­den und Fortbildun­gen. Die technische Weiterentw­icklung sei rasant. Viele ältere Mitglieder hätten kein Interesse daran, sich da rein zu denken. „Da kann man niemanden einen Vorwurf machen.“

Trotz der Hinderniss­e schauen die Leiter der Ortsverein­e hoffnungsv­oll in die Zukunft. Kissings Vorsitzend­er Kreigl sagt: „Solange das mit dem Nachwuchs noch so gut ist und man die Jugend schulen kann, schaut es nicht schlecht aus.“In Bezug auf Mering sagt Heine: „Für die nächsten zehn bis 15 Jahre bin ich optimistis­ch, weil wir Leute haben, die motiviert sind.“

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Bei Bränden ist die Feuerwehr Mering stets zur Stelle. Doch das Aufgabenge­biet der Einsatzkrä­fte ist weitaus umfassende­r.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Bei Bränden ist die Feuerwehr Mering stets zur Stelle. Doch das Aufgabenge­biet der Einsatzkrä­fte ist weitaus umfassende­r.

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