Womit die Feuerwehren zu kämpfen haben
Der bayernweite Mitgliederschwund hat die Ortsvereine in Mering und Kissing noch nicht getroffen. Dennoch stehen auch sie vor Herausforderungen. Warum eine Entscheidung im Landtag auf Unverständnis stößt
Kissing/Mering Die Zahl der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren ist in ganz Bayern seit Jahren rückläufig. In manchen Landkreisen geben Ortsvereine auf, weil sie nicht mehr genug Einsatzkräfte stellen können. Zurück bleiben leer stehende Feuerwehrhäuser.
In Mering sieht das anders aus. „Die Mitgliederzahlen sind steigend“, sagt Kommandant Andreas Regau. Mit der Löschgruppe Baierberg sind es zurzeit 98, hinzukommen 15 Jugendliche. Die Feuerwehr profitiere davon, dass immer mehr Menschen in die Marktgemeinde ziehen. Das verschaffe auch der Feuerwehr Zulauf. Regau kann sich aber noch gut an Zeiten erinnern, in denen einige Spinde leer waren. Der stellvertretende Vorsitzende Felix Heine sagt daher: „Wir bilden uns nichts darauf ein und wissen, dass das in ein paar Jahren wieder anders aussehen kann.“
Zusammen mit den Kameraden aus Kissing sprechen sie in deren Feuerwehrhaus über die Entwicklung in den vergangenen Jahren. Der Kissinger Peter Schattka, der auch Kreisbrandmeister ist, sagt, dass die einzelnen Ortseinheiten nicht immer einer Meinung sind. „Aber der Zusammenhalt ist da, im Ernstfall sind wir aufeinander angewiesen.“
Alle Notrufe kommen in Augsburg bei der integrierten Leitstelle an. Vereinfacht erklärt, schaut dort ein Mitarbeiter, welche Einsatzkräfte mit welcher Ausrüstung benötigt werden und wo sie in der Nähe verfügbar sind. Dann alarmiert er die Einheiten – unter Umständen auch aus mehreren Gemeinden. In regelmäßigen Abständen melden die Feuerwehren, über welche Stärke sie verfügen. Mering stellt tagsüber zwei Gruppen, etwa 15 Mann. Kissing eine Staffel, sechs Leute.
Schichtarbeiter sind bei der Feuerwehr sehr beliebt, weil sie oft tagsüber verfügbar sind. Zudem wird sowohl in Mering als auch in Kissing erwartet, dass sich die Gemeindearbeiter der Freiwilligen Feuerwehr anschließen. „Unser Bürgermeister unterstützt uns zu 100 Prozent“, sagt der Kissinger Schattka. Auch die Meringer betonen, dass ihr Gemeindeoberhaupt hinter ihnen steht. Jedoch sei es nicht immer einfach, tagsüber die angegebene Stärke zu gewährleisten.
Laut dem Vorsitzenden Josef Kreigl hat Kissing zurzeit 68 aktive Mitglieder. Hinzu kommen 16 Jugendliche, auf die er besonders stolz ist. „Der Zusammenhalt ist einfach super“, sagt er. Schattka erzählt, wie der Nachwuchs an Samstagen begeistert dabei hilft, die Fahrzeuge und Geräte zu pflegen und zu warten. Auch ein paar Mädchen seien in der Gruppe, bestätigt Gerätewart Manfred Sonntag. Der Hausmeister an der Mittelschule, selbst bei der habe die Jugendlichen mit seiner Begeisterung angesteckt.
Im Hinblick auf die aktiven Einsatzkräfte sind die Umstände aber laut Schattka schwieriger geworden. Früher hätte es mehr Landwirte gegeben und mehr Menschen, die vor Ort arbeiten, zum Beispiel im Eisenwerk Frisch in Kissing. Die Arbeitgeber seien entgegenkommender gewesen, was die Freigabe von Mitarbeitern bei Einsätzen angeht. Merings stellvertretender Vorsitzender Heine erklärt: „Die Einsatzgebiete haben sich total gewandelt und sind zeitlich intensiver geworden.“Brände zu löschen sei nur noch ein Teil der Aufgaben. Das Stichwort lautet: technische Hilfeleistungen. Die umfassen ein breites Gebiet. Die Feuerwehrleute beseitigen Ölspuren, unterstützen die Polizei nach Unfällen oder öffnen für die Rettungsdienste Wohnungstüren. Schattka sagt: „Wir sind Mädchen für alles.“Früher hätten sich die Dorfbewohner selbst zu helfen gewusst.
Inzwischen seien nach Mering und Kissing aber viele Menschen aus Großstädten gezogen, die andere Standards gewohnt seien. Merings Kommandant Regau kann sich an einen Einsatz wegen eines piepsenden Feuermelders erinnern. „Die Batterie war leer“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Hinzu kommen Dokumentationspflichten, die es vor einigen Jahren noch nicht gab. Die Ausrüstung müsse regelmäßig überprüft werden. Im schlimmsten Fall drohe Ärger mit Versicherungen oder vor Gericht.
Als Reaktion auf den Mitgliederschwund hat der bayerische Landtag vor Kurzem beschlossen, die Altersgrenze für Feuerwehrleute von bisher 63 auf 65 Jahre anzuheben. „Eine Verschiebung der Probleme“, sagt Regau. Wer bis zum 60. LeFeuerwehr, bensjahr mitmache, der sei sehr engagiert.
Die Einsätze seien körperlich äußerst anspruchsvoll und die Mitglieder werden oft gebraucht. Die Meringer hatten im vergangenen Jahr 156 Einsätze, die Kissinger 88. Hinzu kommen Übungsstunden und Fortbildungen. Die technische Weiterentwicklung sei rasant. Viele ältere Mitglieder hätten kein Interesse daran, sich da rein zu denken. „Da kann man niemanden einen Vorwurf machen.“
Trotz der Hindernisse schauen die Leiter der Ortsvereine hoffnungsvoll in die Zukunft. Kissings Vorsitzender Kreigl sagt: „Solange das mit dem Nachwuchs noch so gut ist und man die Jugend schulen kann, schaut es nicht schlecht aus.“In Bezug auf Mering sagt Heine: „Für die nächsten zehn bis 15 Jahre bin ich optimistisch, weil wir Leute haben, die motiviert sind.“