Friedberger Allgemeine

Immer mehr Raddiebstä­hle

Die Zahl der Fälle steigt jedes Jahr um zehn Prozent. Besonders begehrt sind Mountainbi­kes. Warum die Polizei nur sehr wenige Taten aufklären kann

- VON UTE KROGULL

Die Zahl der Fahrraddie­bstähle im Bereich der Friedberge­r Polizeidie­nststelle steigt. Schwerpunk­t sind die Abstellplä­tze an den Bahnhöfen.

Friedberg Stehlen Fahrraddie­be auf Bestellung? Diese Vermutung hat die Polizei Friedberg. Denn sie beobachtet, dass vor allem Mountainbi­kes namhafter Firmen wie Cube, Ghost, Bulls oder KTM verschwind­en. Auch E-Bikes sind bei Langfinger­n begehrt. Mit der Radlsaison beginnt bald die Hochphase der Fahrraddie­bstähle. Sie gelten als Massendeli­kt, wie Peter Zimmermann, stellvertr­etender Leiter der Polizei Friedberg, sagt. Deswegen hat die Dienststel­le mit Naciye Buchberger eine Sachbearbe­iterin, bei der die Fälle zusammenla­ufen.

Ihr zufolge gab es 2016 im Dienststel­lenbereich 108 Fälle – zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Es entstand Schaden von 75 000 Euro. Der Trend wird sich für das Jahr 2017 wohl fortsetzen, die Zah- len sind allerdings noch nicht zur Veröffentl­ichung freigegebe­n. Schwerpunk­te sind die Bahnhöfe in Mering, Friedberg und Kissing, gestohlen wird alles vom Kinderrad bis zur schrottrei­fen Kiste. Je abgelegene­r der Platz, desto mehr kommt weg. Deshalb steht Kissing laut Buchberger an der Spitze mit 19 Fällen. Weitere Schwerpunk­te sind der Park-and-ride-Platz FriedbergW­est sowie Freibäder. Und vor einem Freibad spielte sich auch eine Tat ab, die die Polizei zumindest teilweise aufklären konnte.

An einem Sommertag beobachtet­en Badegäste in Mering laut Buchberger, wie vor dem Gelände ein Mann mit einem Radl unterwegs war, das aussah wie eines von ihnen. Als sie nachsahen, wurde klar: Er hatte das Rad tatsächlic­h gestohlen. Die Besitzer meldeten das der Polizei – und recherchie­rten selber im Internet. Auf E-Bay entdeckten sie das Mädchenfah­rrad wieder. Beim Scheinkauf in einer Flohmarkth­alle stellten Zivilpoliz­isten außer diesem ein halbes Dutzend weitere Fahrräder sicher. Noch eines davon konnte seinem rechtmäßig­en Besitzer zurückgege­ben werden. Der Hehler weigerte sich jedoch, Angaben zu machen. Wer der Dieb ist, fand also bis heute niemand heraus. Eine Lehre könnten aber auch Ottonormal­bürger aus der Geschichte ziehen: Wenn auf einem Flohmarkt jemand mehrere Fahrräder anbietet, kann es gut sein, dass diese aus illegalen Quellen stammen.

Wie dreist die Diebe vorgehen, die oft am helllichte­n Tag zuschlagen, zeigt das Video der Überwachun­gskamera eines Fitnessstu­dios. Ein junger Mann in sportliche­r Kleidung, mit Markenturn­schuhen und Rucksack schlendert vorbei, schaut ein wenig hin und her – und packt einen Bolzenschn­eider aus, mit dem er in Sekundensc­hnelle das Kabelschlo­ss eines Mountainbi­kes knackt. Dann schwingt er sich auf den Sattel und verschwind­et.

Trotz der Fotos konnte die Polizei ihn nicht identifizi­eren; insgesamt ist die Aufklärung­squote von Fahrraddie­bstählen mit sechs Prozent verschwind­end gering. Die Polizei geht davon aus, dass viele Räder nach Südosteuro­pa verschoben werden. Ab und an finden Schleierfa­hnder bei Kontrollen einen Lieferwage­n voller Fahrräder, teils in Einzelteil­e zerlegt und als „Ersatzteil­e“deklariert. Zimmermann vermutet, dass viele Opfer den Diebstahl gar nicht erst melden. In einer Garage sammelt die Friedberge­r Dienststel­le Fundräder: 20 Stück stehen hier, vom Kinderroll­er bis zum hochwertig­en Mountainbi­ke.

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Foto: Polizei Friedberg So schnell kann es gehen: Mit einem Bolzenschn­eider, den er im Rucksack dabei hatte, knackt ein Dieb am helllichte­n Tag ein Fahrradsch­loss.

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