Friedberger Allgemeine

Wer von der Wohn Offensive profitiert

Interview Der Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl hat für die CSU in Berlin eines der wichtigste­n Themen verhandelt. Er erklärt das Ergebnis und verrät, mit wem es Ärger gab

- Interview: Holger Sabinsky-Wolf

Herr Gribl, Sie waren CSU-Verhandlun­gsführer in der Gruppe „Wohnen und Mieten“. Was sind die wichtigste­n Ergebnisse?

Kurt Gribl: Es gibt eine wuchtige Wohnraumof­fensive, von der alle profitiere­n. Mieter, private und öffentlich­e Bauherren. Das Ziel ist, dass rund 1,5 Mio Wohnungen gebaut werden. Dadurch wird der Druck vom Wohnungs- und Mietmarkt genommen, um die Preise zu stabilisie­ren. Dazu gibt es ein ganzes Bündel von Maßnahmen, zum Beispiel zwei Milliarden für den sozialen Wohnungsba­u, kräftige steuerlich­e Anreize für den Mietwohnun­gsbau, ein Bürgschaft­sprogramm für private Bauherrn und eine Belebung der Wohnungsba­uprämie. Und natürlich das Baukinderg­eld.

Das Baukinderg­eld ist ein Lieblingst­hema der CSU. 1200 Euro pro Kind und Jahr, das Ganze zehn Jahre lang. Wie hart mussten Sie kämpfen, dass es nun wirklich kommt?

Gribl: Erwartungs­gemäß hart. Durchgeset­zt hat sich der Ansatz, Eigentumsb­ildung für viele zu ermögliche­n. Als OB weiß ich, wie dieses Thema gerade jungen Familien auf den Nägeln brennt. Die eigene Wohnung gibt Sicherheit in Krisenzeit­en, schützt vor Altersarmu­t und kann an die nächste Generation weitergege- werden. Da haben wir eine Menge nachzuhole­n, wie die im europäisch­en Vergleich magere Eigentumsq­uote in Deutschlan­d zeigt. Mit den festgelegt­en Einkommens­grenzen erreichen wir bis zu 90 Prozent der Familienha­ushalte. Damit können Union und SPD gut leben. Nur die oberen zehn Prozent, die es sich auch ohne Zuschuss leisten können, sind ausgeschlo­ssen.

Ab wann gibt es das Baukinderg­eld und gilt es auch rückwirken­d für bereits begonnene Bauprojekt­e?

Gribl: Das Baukinderg­eld gibt es, sobald das Gesetzespa­ket für die Wohnraumof­fensive verabschie­det ist. Es gilt ab dann für den erstmalige­n Erwerb selbst genutzten Wohnraums durch die Familie, egal ob Neubau oder Bestandsim­mobilie. Rückwirken­d kann es nicht geltend gemacht werden.

Was sagen Sie zur Kritik, dass vom Baukinderg­eld nur jene profitiere­n, die sich den Bau oder Kauf einer Immobilie leisten können oder wollen?

Gribl: Die Kritik halte ich für absolut verfehlt. Wir wollen die Eigentumsb­ildung für die Familien besser kalkulierb­ar machen. Eine Immobilien­finanzieru­ng ist ja kein Pappenstie­l.

Und was tun Sie für jene Bürger, die sich kein Wohneigent­um leisten können? Gribl: Für diejenigen, die sich diesen Schritt der Eigentumsb­ildung nicht leisten können oder wollen, wird durch das Baukinderg­eld der konkurrier­ende Mietmarkt entlastet. Zudem gibt es neben dem Baukinderg­eld ja auch noch die starken Impulse für den Mietwohnun­gsneubau und den sozialen Wohnungsba­u zum Vorteil aller Mieter.

Wie will die GroKo den Anstieg der Mietpreise in den Großstädte­n bremsen? Gribl: Neben den genannten Maßnahmen durch strukturpo­litische Konzepte. Das bedeutet: Wir werden die Wechselwir­kung zwischen Städten und ländlichen Räumen in den Fokus nehmen. Wir werden den ländlichen Raum durch Maßnahmen der Infrastruk­tur, Mobilität, Versorgung – zum Beispiel Bildung und Ärzte – so stärken, dass es attraktive­r wird, auf dem Land zu leben. Dadurch entlasten wir die Großstädte und Ballungsze­ntren.

Was tun Sie noch für Mieter?

Gribl: Die Umlage von Modernisie­ben rungskoste­n auf Mieter senken wir in den Städten mit angespannt­er Wohnraumsi­tuation von elf auf acht Prozent. Und die Mietpreisb­remse wird ein bisschen strenger. Außerdem wird die Mieterrüge vereinfach­t: Künftig kann der Mieter auf einfache Weise beanstande­n, wenn seine Miete zu hoch ist.

Wie hart wird in den Verhandlun­gsgruppen tatsächlic­h um unterschie­dliche Positionen gerungen? Man hört von Eklats hinter verschloss­enen Türen … Gribl: Es wird hart gerungen, meist auf hohem fachlichen Niveau. Es wird um Positionen und Formulieru­ngen bis ins Detail diskutiert. Man schenkt sich nichts. Gelegentli­ch wird es emotional und lauter. Erhitzte Gemüter haben sich aber ausnahmslo­s wieder abgekühlt. Ein Weiterverh­andeln am „Tag danach“war immer möglich. Genau das habe ich auch aus anderen Verhandlun­gsgruppen gehört. Hier sind alle Profis und verantwort­ungsvolle Politiker.

Mit Berlins Regierende­m Bürgermeis­ter Müller sollen Sie so Ihre Scharmütze­l gehabt haben, stimmt das?

Gribl: Durchaus. Aber letztlich zählt das Ergebnis. Und mit dem können sowohl die Union als auch die SPD zufrieden sein.

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Foto: Imago Rechnet sich das? Der Staat unterstütz­t Bürger, die Wohneigent­um erwerben wollen.
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Kurt Gribl

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