So viel Geld entgeht dem Staat
Abschaffung des Solis könnte Schwarzarbeit bekämpfen
Stuttgart/Tübingen Mal nebenbei am Wochenende das Bad des Nachbarn fliesen oder die Putzhilfe schwarz beschäftigen – so etwas kennen viele in Deutschland. Jahr für Jahr legen Wissenschaftler zum Thema Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung Prognosen vor. Das Ergebnis diesmal: Die sogenannte Schattenwirtschaft soll 2018 schrumpfen. Dennoch ist der Schaden für den Staat enorm. Rund 323 Milliarden Euro könnten heuer am Staat vorbei erwirtschaftet werden.
Das Verhältnis der Schattenwirtschaft zur offiziellen Wirtschaft sinke 2018 auf unter zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Vorjahr 10,1), heißt es in der Prognose, die von Wissenschaftlern des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung und der Universität Linz vorgelegt wurde. Grund dafür seien in erster Linie die gute wirtschaftliche Lage und die geringe Arbeitslosigkeit. Von der Politik hingegen gingen im Jahr 2018 – soweit absehbar – keine Impulse zur Reduzierung der Schwarzarbeit aus.
Anders sähe es aus, wenn etwa der Solidaritätszuschlag vollständig und nicht schrittweise – wie gerade geplant – abgeschafft würde. Mit dieser Maßnahme könnte sich die Schattenwirtschaft in diesem Jahr um mehr als zehn Milliarden Euro verringern, glauben die Autoren der Studie. „Bei einer Abschaffung des Solis hätte der Einzelne mehr netto“, erläuterte Co-Autor Friedrich Schneider von der Universität Linz. „Normalerweise ist das Kalkül: So
Wer weniger Steuern zahlt, arbeitet nicht schwarz
viel verdiene ich offiziell, das reicht aber nicht für ein neues Auto oder den zweiten Urlaub, also arbeite ich noch schwarz dazu.“Aus Umfragen und Untersuchungen wisse man genau um diese Psychologie. Verringere sich die Steuerbelastung aufs Jahr gesehen, würden auch jene, die schwarzarbeiteten, lieber einen freien Samstag haben, als illegal dazuzuverdienen.
Diese Logik kommt nicht bei allen gut an. Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist man ebenfalls gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung, aber die Gewerkschaft glaubt nicht, dass das Phänomen an einer zu hohen Steuerund Abgabebelastung liegt. „Wenn eine Friseurin abends noch Haare schneidet, macht sie das, weil sie nicht genug verdient“, sagt Martin Kunzmann, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes Baden-Württemberg. „Schwarzarbeit kann man am besten verhindern, wenn Menschen ordentliches Geld verdienen.“
Außerdem plädiert Kunzmann dafür, die Kontrollen etwa auf Großbaustellen noch weiter zu verschärfen und dafür auch mehr Fahnder einzusetzen. Erst Ende Januar war es Zollbeamten in NordrheinWestfalen auf diese Weise gelungen, in der Baubranche ein kriminelles Netzwerk auszuheben, das rund 48 Millionen Euro Schaden verursacht haben soll und dem 450 Baufirmen angehörten. Für diesen Fahndungserfolg waren dann allerdings auch 1100 Beamte im Einsatz. Diese auch von einer künftigen Großen Koalition geplante Regelung konnte GewerkschaftsChef Jörg Hofmann den Arbeitgebern jetzt abringen.
Doch der IG-Metall-Chef setzte sich nicht mit seiner Forderung durch, dass Teilzeitarbeiter, die sich um Kinder kümmern, Angehörige pflegen oder Schichtarbeit leisten, dafür großzügige finanzielle Zuschüsse der Arbeitgeber bekommen. Wie sieht die Regelung im Detail aus?
● Beschäftigte haben künftig den Anspruch, ihre wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf bis zu 28 Stun-