Freizeit statt Geld
Beschäftigte können nach 28-Stunden-Woche wieder voll arbeiten. Was sich nach der Einigung in der Metall- und Elektroindustrie noch ändert. Macht das Schule?
Augsburg Nach harten, 24 Stunden dauernden Warnstreiks hat sich die IG Metall durchgesetzt: Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der deutschen Metall- und Elektroindustrie genießen künftig das Recht, nach einer Phase der Teilzeitarbeit wieder auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren. den die Woche für mindestens sechs und maximal 24 Monate abzusenken. In den Genuss der Regelung kommen die Mitarbeiter ab 2019, wenn sie mindestens zwei Jahre einem Betrieb angehören.
● Und jetzt wird es in dem wiederum im Tarifbezirk Baden-Württemberg ausgehandelten Vertrag kompliziert: Denn auch, wenn es keinen weitgehenden Lohnausgleich für Teilzeitarbeiter gibt, konnte die IG Metall doch Anreize für eine Verkürzung der Arbeitszeit schaffen. Denn im Zuge des mit 27 Monaten lang laufenden Tarifvertrages bekommen Beschäftigte erstmals im Juli 2019 neben einer Einmalzahlung von 400 Euro eine völlig neue Leistung, nämlich ein „Zusatzgeld“ausgezahlt. Letzteres beträgt 27,5 Prozent eines Monatsgehalts.
● Statt des neuen Zusatzgeldes können bestimmte Schichtarbeiter sowie Beschäftigte, die bis zu acht Jahre alte Kinder betreuen, und Mitarbeiter, die Angehörige pflegen, im Jahr 2019 acht zusätzliche Urlaubstage wählen. Es gibt also Freizeit statt Geld.
● Einfach ist aber die Regelung, dass alle Beschäftigten der in unserer Region besonders stark vertretenen Schlüsselindustrie (Maschinenbau, Autoindustrie) ab dem 1. April 4,3 Prozent mehr Lohn oder Gehalt bekommen.
● Im Gegenzug für die befristete Teilzeitarbeit setzten die Arbeitgeber durch, dass mehr Beschäftigte eines Betriebes als bisher bis zu 40 Stunden arbeiten dürfen. Es wird also mehr Ausnahmegenehmigungen für ein Abweichen von der 35-Stunden-Woche geben.
Der in Baden-Württemberg getroffene Abschluss soll in Bayern übernommen werden. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Metall-Arbeitgeber im Freistaat, sagte unserer Zeitung: „Wir hätten uns einen weniger komplexen Tarifvertrag gewünscht.“Der Abschluss dokumentiere die derzeit gute Lage der Metall- und Elektroindustrie. Brossardt fügte hinzu: „Die Einigung geht sehr deutlich an die Belastungsgrenze und für nicht wenige Firmen darüber hinaus.“
IG-Metall-Chef Hofmann sprach dagegen von einem „starken Ergebnis und einer Zeitenwende bei der Arbeitszeit“. Die Tarifeinigung bringe den Beschäftigten eine deutliche Reallohnsteigerung. „Das stärkt die Binnennachfrage und leistet einen Beitrag dazu, die Konjunktur weiter zu stabilisieren“, sagte er. Der Gewerkschafter ist auch überzeugt davon, mit der befristeten Teilzeitregelung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern zu können: „Wir dürfen die Menschen mit der täglichen Herausforderung zwischen Beruf, Kindern und Pflege nicht alleinlassen.“
Die Regelung greift ab 2019