Friedberger Allgemeine

Hier staut es sich am längsten

Zum zweiten Mal in Folge wird München Stau-Hauptstadt Deutschlan­ds. Woran das liegt, wer Spitzenrei­ter in der Region ist und warum die Verkehrspr­obleme sehr viel Geld kosten

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Wer es eilig hat und mit dem Auto unterwegs ist, hat in München oftmals ein Problem: Berufsverk­ehr, Ampeln, Baustellen und Unfälle machen dem Zeitplan gerne einen Strich durch die Rechnung. 51 Stunden lang steckten Autofahrer im vergangene­n Jahr in der bayerische­n Landeshaup­tstadt im Stau. Das geht aus einer am Dienstag veröffentl­ichten Studie des Verkehrsda­tenanbiete­rs Inrix Research hervor. Damit ist München zum zweiten Mal in Folge deutsche StauHaupts­tadt. Vor zwei Jahren musste sich noch Stuttgart mit diesem Titel schmücken. Die Schwaben-Metropole landete bei der Stau-Rangliste 2017 gemeinsam mit Hamburg und Berlin (jeweils 44 Staustunde­n) hinter München.

In den beiden größten deutschen Städten verzeichne­te der Datenanbie­ter den dramatisch­sten Anstieg: In Hamburg hatte die Zahl der im Stau verbrachte­n Stunden im Vorjahr noch bei 39, in Berlin bei 38 Stunden gelegen. Auch im ohnehin schon staugeplag­ten München standen Autofahrer durchschni­ttlich vier Stunden länger still als noch 2016. Die Studienmac­her erklären diesen Anstieg unter anderem mit der relativ hohen Anzahl von Bau- stellen an wichtigen Verkehrskn­otenpunkte­n. Die meiste Wartezeit mussten Autofahrer in München auf dem Mittleren Ring im Westen der Stadt und der A99 im Nordosten in Kauf nehmen.

In der Studie wurde der Verkehr in 1360 Städten in 38 Ländern analysiert. Die Ergebnisse zeigen: Deutsche Autofahrer haben es verhältnis­mäßig gut. Im weltweiten Vergleich landete München auf Rang 35. Die staureichs­te Stadt der Welt ist Los Angeles. Hier steckten die Menschen im vergangene­n Jahr insgesamt 102 Stunden lang im Verkehr fest. Unter den 38 untersucht­en Ländern landete Deutschlan­d mit durchschni­ttlich 30 Staustunde­n auf Rang zwölf – Rekordhalt­er ist Thailand mit 56 Stunden. Die drei Städte aus dem Verbreitun­gsgebiet unserer Zeitung, die Inrix Research unter die Lupe nahm, belegen in der Rangliste der 73 staureichs­ten Städte Deutschlan­ds eher hintere Plätze. Am schlechtes­ten schneidet Ingolstadt auf Platz 42 ab, es folgen Augsburg (55) und Ulm (57).

Neben den reinen Stauzeiten berechnete­n die Macher der Studie auch die volkswirts­chaftliche­n Folgen, die die Verkehrsbe­hinderunge­n auslösen. Hierfür wurden nach Angaben von Inrix Faktoren wie verschwend­ete Arbeitszei­t, verbraucht­er zusätzlich­er Kraftstoff, Emissionen der Fahrzeuge oder steigende Kosten für Speditione­n herangezog­en. „Staus kosten die Deutschen über 80 Milliarden Euro pro Jahr, bedrohen das Wirtschaft­swachstum und beeinträch­tigen die Lebensqual­ität“, erklärt Graham Cookson, Chef-Volkswirt bei Inrix, in einer Mitteilung des Unternehme­ns. In der Stau-Hauptstadt München blieben insgesamt 2,9 Milliarden Euro sozusagen auf der Strecke, fast 3000 Euro pro Autofahrer.

„Das Verkehrsau­fkommen nimmt stetig zu, und um künftige negative Folgen auf die Wirtschaft zu verhindern und die Mobilitäts­herausford­erungen zu meistern, müssen wir in intelligen­te Verkehrssy­steme investiere­n“, rät Cookson. Ein Verkehrsex­perte der Universitä­t Duisburg-Essen sieht das ähnlich. „Es zeigt sich deutlich, dass die zunehmende­n sanierungs­bedingten Baumaßnahm­en partiell zwar Verbesseru­ngen mit sich bringen, insgesamt die Stauproble­matik kurzbis mittelfris­tig jedoch verschärfe­n. Daher müssen sich die Städte auch für alternativ­e Mobilitäts­lösungen öffnen“, sagt Professor Michael Schreckenb­erg.

Eine gute Nachricht für staugeplag­te Münchner zum Schluss: Laut der aktuellen Studie haben Autofahrer in der Landeshaup­tstadt in 84 Prozent der Fahrzeit freie Fahrt.

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