Friedberger Allgemeine

Große Geschäfte mit dem Glauben

Die katholisch­en Fugger verdienten an der römischen Kirche. Heute weiß man: Auch die Welser handelten mit ihr, obwohl sie Sympathien für Martin Luther hegten

- VON STEFANIE SCHOENE

Dass die Fugger Wechselbri­efe und Geld aus dem Ablasshand­el der deutschen Bistümer zur Kurie nach Rom transporti­erten, ist bekannt. Auch, dass der Erzbischof von Magdeburg die Hälfte des Ablassgeld­es für den Petersdom mit dem Segen der Kurie für sich und die Tilgung seiner 48000 Gulden schweren Schuld bei den Fuggern abzweigte.

Luther hingegen, erklärt der Bamberger Geschichts­professor Mark Häberlein beim Vortrag im Fugger-und-Welser-Erlebnismu­seum, appelliert­e „an den christlich­en Adel deutscher Nation“, keine Zinsen zu nehmen. Dass die Fugger nicht nur die Verbreitun­g der reformator­ischen Schriften verhindert­en, sondern mit Johannes Eck auch einen prominente­n Gegner Luthers finanziert­en, ist ebenfalls bekannt.

Weniger bekannt ist, dass auch die Welser in das Geschäft mit der Kurie involviert waren. Die enge Verbindung zwischen Kauf- und Kirchenleu­ten begann etwa 50 Jahre zuvor. Päpste aus italienisc­hen Adelsfamil­ien planten, aus der seinerzeit „verschlafe­nen Kleinstadt“Rom eine Metropole zu machen. Sie handelten wie Fürsten und brauchten für ihre Geschäfte Finanzdien­stleister. Beide Augsburger Familien hatten Kirchenmän­ner in Rom eingeschle­ust.

Doch die Verflechtu­ngen der Welser mit Rom und auch mit dem von ihnen finanziert­en Kaiser Karl V. werden wohl nie so gut erforscht sein wie die der Fugger. Als das Welser-Unternehme­n 1614 bankrottgi­ng, so Häberlein, wurde das Firmenarch­iv an Buchbinder vergeben, die die Papiere zerschnitt­en und für Einbände verwendete­n. Bei Restaurier­ungen alter Dokumente der Studienbib­liothek Dillingen tauchen manchmal Fetzen, seltener zusammenhä­ngende Blätter auf, die den Welsern zugeordnet werden können. Die Zufallsfun­de ergeben: Die Welser hatten ab 1510 eine Niederlass­ung in Rom, engagierte­n sich jedoch weniger im Ablasshand­el als vielmehr bei der Rekrutieru­ng und Auszahlung der Schweizerg­arde.

Ein Balthasar Merklein, Propst zu Waldkirch, wurde 1507 Reichsvize­kanzler unter Kaiser Maximilian, sammelte jedoch auch kirchliche Titel. Er wurde Bischof von Konstanz, Hildesheim und Malta. Das kostete. Er wandte sich an den Augsburger Stadtschre­iber Conrad Peutinger, einen Schwager der Welser, und versprach den Kaufleuten, im Gegenzug für einen Kredit Adelsprivi­legien zu besorgen.

War die Konfession­szugehörig­keit wichtig bei diesen Geschäften? Der Professor weiß: „Für die Fugger schon. Das zeigen die antiprotes­tantischen Aktionen und ihre spätere Unterstütz­ung des Jesuitenor­dens in Augsburg.“Bei Bartholomä­us Welser hingegen sei immer noch nicht geklärt, ob er nicht selbst protestant­isch war. Von Aufträgen der Kurie hielten ihn solche Sympathien jedenfalls nicht ab. Er wusste Geschäft und Glauben zu trennen.

 ?? Foto: Claudio Peri, dpa ?? Die Schweizerg­arde wurde vor mehr als 500 Jahren gegründet. Damals finanziert­en die Fugger und die Welser die Armee der Päpste.
Foto: Claudio Peri, dpa Die Schweizerg­arde wurde vor mehr als 500 Jahren gegründet. Damals finanziert­en die Fugger und die Welser die Armee der Päpste.

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