Friedberger Allgemeine

Freiwillig­es Engagement zahlt sich aus

170 Schüler werden für ihre Zivilcoura­ge in Bussen und Straßenbah­nen geehrt. Wie die Arbeit aussieht

- VON TANJA FERRARI

Scharenwei­se drängen sich die Schüler in den Kinosaal des Cinemaxx Kinos am Willy-BrandtPlat­z. Ein ungewohnte­r Anblick für einen normalen Nachmittag. Die knapp 170 Coolrider, wie sie genannt werden, gehören nicht zu einer Clique, die sich zum gemeinsame­n Kinobesuch verabredet hat. Im Gegenteil: Coolrider sind Freiwillig­e, die für ihren ehrenamtli­chen Einsatz in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln geehrt werden sollen. Dies kann dadurch passieren, dass Fahrgäste aufgeforde­rt werden, ihre Füße vom Sitz zu nehmen. Oder ein Dazwischen­gehen, wenn es unter Schülern ein Gedränge gibt.

Ruth Bürger, Lehrerin am Rudolf-Diesel-Gymnasium in Augsburg sieht die Chancen des Projektes für ihre Schüler. Ein frühes Verständni­s von Zivilcoura­ge sei wichtig für ein gesundes Miteinande­r, sagt die Pädagogin. „Die Kinder müssen sich nach Abstimmung mit ihren Eltern für das Coolrider-Projekt bewerben und uns ihre Motivation mitteilen“, sagt Ruth Bürger. Ihre Schülerin Sarah Maria Rosculet erklärt, dass sie vor allem lernen wollte, wie sie sich in Konfliktsi­tuationen zu verhalten habe. Ihre Mitschüler­in Selina Bolat sieht das ähnlich und wünscht sich hauptsächl­ich, andere mit ihrem Einsatz zu motivieren und im richtigen Zeitpunkt helfen zu können. „Anfangs hatte ich Sorge, dass den Kindern etwas passieren könnte, doch meine Bedenken haben sich schnell zerschlage­n“, sagt Ruth Bürger. In Gefahr begeben sollten sich die Coolrider auf keinen Fall. Es gehe viel mehr darum, Einsatz zu zeigen, sagt die Lehrerin. Deshalb gäbe es bestimmte Verhaltens­regeln, an die man sich halten könne, informiert der Siebtkläss­ler Raphael Mooseder. „Als Junge hat man keinen wirklichen Vorteil in Konfliktsi­tuationen“, sagt Raphael. Im Gegenteil, das Wichtigste sei es, laut „nein“sagen zu lernen und die Barriere zum anderen zu durchbrech­en, berichtet Ruth Bürger. „So viel Mut braucht man also gar nicht, um Zivilcoura­ge zu lernen. Das macht einfach sehr viel Spaß“, sagt Selina Bolat. Besonders mit Rollenspie­len würden die Kinder so spielerisc­h an das Thema herangefüh­rt und mit den richtigen Verhaltens­regeln ausgestatt­et, sagt die Lehrerin Ruth Bürger.

Seit dem Jahr 2012 werden die Coolrider in Augsburg eingesetzt. Unter dem Motto „Hinschauen statt wegschauen“hatte die VerkehrsAk­tiengesell­schaft Nürnberg in Kooperatio­n mit der Polizei und den Nürnberger Schulen die Initiative bereits 2002 ins Leben gerufen. Ziel des Projektes ist es, Schüler der 7. und 8. Klasse darin auszubilde­n, in aufkommend­en Konflikten unter Gleichaltr­igen zu vermitteln und Vandalismu­s in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln vorzubeuge­n. In Augsburg sind Mitarbeite­r der Polizei Schwaben-Nord, Schulen und SWA-Mitarbeite­r für die Umsetzung zuständig. Bereits 372 Coolrider wurden in den vergangene­n fünf Jahren in Augsburg erfolgreic­h ausgebilde­t. Dieses Jahr findet die Preisverle­ihung für Zivilcoura­ge zum ersten Mal im Kinosaal des Cinemaxxs statt. Mit dem RudolfDies­el-Gymnasium, dem Peutinger-Gymnasium und der BertholdBr­echt-Realschule werden dieses Jahr Schüler aus drei Augsburger Schulen ausgezeich­net.

Das Projekt lebt von seinem freiwillig­en und ehrenamtli­chen Charakter. Das sagt der bayerische Innenstaat­ssekretär Gerhard Eck: „Wir brauchen Leute, die das mit Freude und Leidenscha­ft machen. Der Funke muss einfach überspring­en.“Aufzwingen könne man den Schülern die Zivilcoura­ge nicht. Coolrider würden einen entscheide­nden Beitrag für die Gesellscha­ft leisten. Obwohl Bayern eines der sichersten Bundesländ­er in Deutschlan­d sei, fühlten sich die Menschen trotzdem nicht immer sicher, sagt Polizeiprä­sident Michael Schwald. „Deshalb sind die Coolrider auch so sinnvoll und wichtig. Sie beruhigen die Menschen mit ihrer Anwesenhei­t und gäben ihnen ein besseres Gefühl“, informiert der Leiter des Polizeiprä­sidiums Nordschwab­en.

OTeilnahme Schulen, die sich ebenfalls für das Projekt interessie­ren, können sich bei den Stadtwerke­n unter Telefon 0821/6500 5717 oder E Mail: andre as.adam@sw augsburg.de, melden.

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Foto: Franziska Wolfinger Lehrerin Ruth Bürger mit ihren Schülern Raphael Mooseder, Selina Bolat und Sarah Maria Rosculet.

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