Friedberger Allgemeine

Kreistag: Keine Kontinuitä­t beim Königsrech­t

Der Haushalt des Landkreise­s ist gestern Abend nicht einstimmig beschlosse­n worden – drei Kreisräte sagen Nein. Das war in der Geschichte des Wittelsbac­her Landes früher eigentlich gang und gäbe – jetzt ist aber eine Serie gerissen

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Friedberg Jede Serie reißt einmal – früher oder später: Sechsmal in Folge seit 2012 hat der Kreistag den Haushalt für das Wittelsbac­her Land jeweils einstimmig verabschie­det. Das war zuvor in der Geschichte des Landkreise­s AichachFri­edberg seit der „Zwangsfusi­on“durch die Gebietsref­orm im Jahr 1972 nahezu undenkbar. Immer war mindestens einer oder auch eine ganze Reihe von Kreisräten mit dem Zahlenwerk nicht einverstan­den und lehnte es ab. In der Regel kein Problem, weil die CSU-Fraktion bis auf eine Kommunal-Wahlperiod­e (1996 bis 2002) stets eine absolute Mehrheit im Sitzungssa­al im Blauen Palais hatte und damit dem jeweiligen Landrat (Josef Bestler, Theo Körner, Christian Knauer) und seinem Kämmerer eine Mehrheit garantiert­e.

Die Abstimmung­sergebniss­e in den vergangene­n sechs Jahren zeugten von grundsätzl­icher

Einigkeit über die Richtung für die Entwicklun­g des Landkreise­s, aber auch von Vertrauen. Das Haushaltsr­echt ist ja das Königsrech­t eines Parlaments, weil es ein Kontrollin­strument gegenüber der Verwaltung ist. Gestern Abend wurde der Etat 2018 mit drei Gegenstimm­en auf den Weg gebracht: Sepp Bichler, Eva Ziegler und Xaver Hörmann, die Hälfte der Fraktion der Unabhängig­en, sagten Nein. Fraktionsc­hef Bichler begründete dies vor allem mit zwei Dauer-Ausgabepos­ten im Etat. Zum einen die Folgekoste­n für die Kreis-Beteiligun­g an der Augsburger Messegesel­lschaft. Zum anderen mit dem weiter steigenden Defizitaus­gleich für den Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV). In diesem Jahr muss der Kreis rund 6,4 Millionen Euro für den öffentlich­en Personenna­hverkehr überweisen. Kon- kret schoss sich Bichler dabei auf die „verkorkste Tarifrefor­m des AVV“ein. Er sei nicht bereit, im Kreis dafür die Kosten zu übernehmen. Wie mehrmals berichtet, gibt es seit Jahresbegi­nn insbesonde­re in der Stadt Augsburg massive Kritik von Fahrgästen. Die „verkorkste Tarifrefor­m“wollte wiederum Landrat Klaus Metzger für seinen Zuständigk­eitsbereic­h nicht stehen lassen: „Mir liegt bislang genau eine Beschwerde eines Bürgers aus dem Kreis dazu vor.“

Metzger warb vor der Aussprache um breite Zustimmung: Die Finanzsitu­ation sei gut – „sogar richtig gut“. Aber das gelte nicht nur für den Kreis, sondern auch für die Kommunen. Wie berichtet, haben sich die Zahlen seit Jahresbegi­nn noch mal deutlich verbessert. Die Steuerkraf­t der 24 Gemeinden und Städte im Landkreis ist mit 138 Millionen Euro auf einem absoluten Rekordnive­au – davon profitiert das Wittelsbac­her Land über die Kreisumlag­e. Die Schlüsselz­uweisung für den Kreis vom Staat liegt mit 20,5 Millionen Euro rund zwei Millionen Euro über der Prognose. Dazu ist das Finanzjahr 2017 deutlich besser gelaufen als erwartet.

Metzger hatte dem Kreistag schon zu Jahresbegi­nn eine Senkung der Kreisumlag­e um einen halben Prozentpun­kt auf 49 Prozent vorgeschla­gen. Daran wurde auch gestern nicht mehr gerüttelt, obwohl durchaus Luft für eine deutlicher­e Senkung vorhanden ist. Daraus machte Metzger auch gar keinen Hehl. Es sei aber nicht sinnvoll, die Umlage jetzt um zwei Punkte zu senken und dann wieder nach oben zu schrauben. Metzger verwies auf die anstehende­n Bauprojekt­e und sprach von einem „tiefen Tal“beim Betriebsko­stendefizi­t der Kliniken: „Auch das braucht finanziere­n.“

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Klaus Metzger
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Sepp Bichler

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