In CDU und SPD gärt es nach dem Verhandlungskrimi
In der SPD wirft Gabriel seinem Nachfolger Schulz Wortbruch vor. In der CDU herrscht Ärger über Verlust des Finanzressorts
Berlin/München Nur einen Tag nach Vorstellung des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD rumort es bei den Sozial- und Christdemokraten. In der SPD herrscht großer Unmut über Parteichef Martin Schulz. Noch-Außenminister Sigmar Gabriel warf dem SPD-Chef und dessen designierter Nachfolgerin Andrea Nahles Wortbruch und schlechten persönlichen Stil vor, nachdem er bei der neuen Kabinettsbildung ausgebootet wurde: „Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“, sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Der amtierende Außenminister und Vizekanzler sagte zugleich alle anstehenden Termine etwa bei der Münchner Sicherheitskonferenz und auf EU-Ebene ab. Es wird darüber spekuliert, dass Schulz Gabriel ursprünglich versprochen habe, im Falle einer Neuauflage der Großen Koalition als Außenminister im Amt bleiben zu können. Auch an der SPD-Basis herrscht großer Unmut über Schulz, der entgegen seiner wiederholten Wahlversprechen nun doch unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel Minister werden will. Dieses Verhalten schaffe ein „Glaubwürdigkeitsproblem“, räumte der nordrhein-westfälische SPD-Chef Michael Groschek ein.
Mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete fordern in einem offenen Brief an Schulz eine Urwahl des neuen Vorsitzenden. Gerade einmal zwei Monate nach dem Parteitag werde „bekannt, dass Du, Martin, als Parteivorsitzender dieses Votum missachtest und ein kleiner Kreis vorentscheidet, dass der Parteivorsitz durch Andrea Nahles übernom- men werden soll. Damit werden der Parteitag und die Entscheidungskraft der Delegierten und der ganzen Partei ad absurdum geführt.“
Auch in der CDU wächst die Kritik. Entscheidungen wie der Verzicht auf das Finanzministerium träfen die Christdemokraten „ins Mark“, kritisierte der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann: „Für unsere Partei könnte sich der 7. Februar als Zäsur herausstellen, als Anfang vom Ende der Volkspartei CDU.“Die Verteilung der Ministerien, bei der das Finanzministerium an die SPD und das Innenressort an die CSU ging, lasse jede Ausgewogenheit vermissen. Die CDU habe ihren Gestaltungsanspruch damit in entscheidenden Bereichen aufgegeben.
Nach Darstellung von CSU-Chef Horst Seehofer standen die Verhandlungen kurz vor Schluss auf der Kippe, als es in der letzten Verhandlungsnacht um die Verteilung der Ressorts ging. Es habe eine lange Phase in den Gesprächen gegeben, in der sich die Vertreter von Union und SPD „angeschwiegen“hätten, dann sei es aber auch wieder „bleihaltig“zugegangen, sagte Seehofer. Nach seinen Worten hat die SPD auf den Ministerien für Finanzen, Äußeres und Arbeit beharrt, andernfalls wäre sie nicht in eine Regierung eingetreten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt drückte es noch drastischer aus: „Man kann sagen, dass diese Nacht der langen Messer ihrem Namen alle Ehre gemacht hat.“
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