Afghanen wollen Feinwerkmechaniker werden
Seit September haben zwei junge Männer einen Ausbildungsvertrag bei der Maschinenbaufirma Treffler. Sie sind sich der Chancen bewusst, aber auch der hohen Anforderungen in ihrem Beruf
Pöttmes Echsheim Knappe zehn Kilometer sind es von Pöttmes nach Echsheim. Zumindest auf dem Hinweg geht es stetig bergan. Mit dem Fahrrad heißt das, eine gute Stunde ordentlich in die Pedale treten. Im August vergangenen Jahres haben das mehrere junge Männer aus Afghanistan einen Monat lang gemacht. Die Maschinenbaufirma Treffler im Ortsteil Echsheim hatte ihnen ein Praktikum angeboten, und so machten sie sich um sechs Uhr früh von ihrer Unterkunft in Pöttmes mit dem Rad auf den Weg. Dreien der jungen Männer bot die Firma jetzt einen Ausbildungsvertrag als Feinwerkmechaniker an.
Rahmatulla, 23 Jahre, und Riza, 21, kommen mittlerweile dank einer Fahrgemeinschaft bequemer nach Echsheim. Ihr Freund Mohammad hat die Ausbildung aus persönlichen Gründen vor Kurzem abgebrochen und sich anders orientiert. Zweimal wöchentlich gehen sie in die Berufsschule nach Friedberg, die restlichen Wochentage sind sie in der Früh- oder Spätschicht in der Firma. Während des Praktikums hatten sie in mehreren unterschiedlichen Bereichen „geschnuppert“und sich beide für die Feinwerkmechaniker-Ausbildung entschieden. Dass es relativ rasch zum Ausbildungsvertrag kam, hatte mehrere Gründe. Die Firma Treffler suchte bereits im Vorfeld händeringend Lehrlinge und war auf dem heimischen Markt nicht fündig geworden. Zu den ursprünglich vier neu eingestellten Lehrlingen zählten die drei Afghanen. Die hatten die Berufsintegrationsklasse in Aichach besucht, ihre Deutschkenntnisse waren gefestigt. Zudem hätten sie sich bereits im Praktikum geschickt angestellt und seien von Anfang an sehr motiviert gewesen, heißt es seitens der Firma.
Viel Kopfzerbrechen verursachte die unsichere Bleibeperspektive der jungen Männer. Sie verfügen über eine regelmäßig zu verlängernde Aufenthaltsgestattung. Hinzu kommt, dass die Asylanerkennung gerade bei jungen Afghanen sehr niedrig ist. „Das war ein Berg an Behördengängen. Aber als großer Handwerksbetrieb haben wir einen relativ langen Atem“, bestätigt Ausbildungsleiter Matthias Bissinger. Und fügt hinzu: „Wir geben jedem eine Chance, egal welche Nationalität derjenige hat.“Treffler beschäftigt seit jeher viele ausländische Arbeiter, unter anderem aus Polen, Rumänien und Tschechien.
Rahmatulla und Riza sind sich sehr wohl bewusst, welche Chancen sich ihnen für die Zukunft auftun. Immer vorausgesetzt, dass sie die dreieinhalbjährige duale Ausbildung absolvieren dürfen und erfolgreich abschließen können. In dem Fall hätten sie gute Chancen, mit ihrem Berufsabschluss in der Echsheimer Firma als Feinwerkmechaniker eine Anstellung zu bekommen, sagt Bissinger. Viele der jetzigen Mitarbeiter hätten in der Firma gelernt. Damit entstehe eine enge Bindung zum Unternehmen und fördere auch die Leistungsbereitschaft. Bissinger ist Metallbaumeister, er ist zuständig für die Schweißerei und betreut gleichzeitig die Lehrlinge. Er weiß, welch hohe fachliche und auch sprachliche Anforderungen die Ausbildung stellt. Das liege nicht nur am bayerischen Dialekt, bestätigen die beiden Lehrlinge. Im Umgang mit den Kollegen und den Meistern an ihrem Arbeitsplatz hätten sie keine größeren Probleme. Eine bessere Sprachpraxis gibt es nicht. „Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit. Wir sind sehr glücklich“, sagen sie. Schwieriger sei der Spezialwortschatz in Fächern wie Metallkunde oder Mathematik. Noch laufen ihre Anmeldungen für die speziellen Nachhilfekurse für Berufsschüler. Das wäre eine große Hilfe für beide.
In den Arbeitsalltag der großen Firma haben sie sich unterdessen gut eingefügt. Sie bringen sich ihre Brotzeit selber mit. Da sparen wir Geld, sagen sie. Ihre Motivation und ihr Fleiß sind ungebrochen. „Es gab noch keine Klagen“, meint Bissinger. Wenn beide Seiten sich einbringen und Verständnis zeigen, dann funktioniere das schon. Fast ganz gut geklappt hat auch Rahmatullas Auftritt bei der Weihnachtsfeier der Firma. Die Tradition verlangt, dass die neuen Lehrlinge vor versammelter Mannschaft ein Weihnachtslied singen: „Ich war aufgeregt, kann keine Noten lesen und habe nur leise mitgesummt“, gibt er zu.