Friedberger Allgemeine

Abgesang auf eine alte Welt

Das Nachleben des Kent Haruf

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Mit dem Roman „Unsere Seelen bei Nacht“(verfilmt im vergangene­n Jahr mit Jane Fonda und Robert Redford auf Netflix) hat der 2014 gestorbene US-Autor Kent Haruf auch die Herzen der deutschen Leser erobert. So werden nun wohl auch seine zuvor erschienen Bücher neu entdeckt werden. Sie spielen allesamt in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. „Plainsong“heißt der erste, nun wiederverö­ffentlicht­e Roman im Original, 1999 erschienen, und als „Lied der Weite“soll es an den Überraschu­ngserfolg von „Unsere Seelen bei Nacht“anknüpfen.

Auch hier geht es um Vertrauen, um Geborgenhe­it außerhalb des traditione­llen Familienve­rbundes, um das Große im Kleinen. Auch hier spiegelt die Außenwelt die Innenwelt der Protagonis­ten. Im Mittelpunk­t steht die Geschichte einer 17-jährigen Schülerin, die von einer Zufallsbek­anntschaft schwanger und daraufhin von der Mutter verstoßen wird. Ihre Lehrerin bringt sie auf der Farm eines ältlichen Brüderpaar­s unter. Um dieses zentrale Thema gruppiert Haruf weitere Geschichte­n, die von einer untergegan­genen Welt berichten: von harten Männern mit zarten Seelen, von unendliche­r Weite und kleinliche­n Streiterei­en, von Frauen, die ihre Stellung in der Gesellscha­ft noch suchen und daran zu scheitern drohen. Der Grundton des Romans ist melancholi­sch. Eine lesenswert­e Zeitreise.

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Übs. von Rudolf Herm stein, Diogenes, 337 S., 24 ¤
Kent Haruf, Lied der Weite. Übs. von Rudolf Herm stein, Diogenes, 337 S., 24 ¤

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