Friedberger Allgemeine

Tagebuch der Erinnerung

Karl Greisinger blickt auf die frühen Jahre

- VON SYBILLE SCHILLER

Das neue Buch des Autors Karl Greisinger handelt von Erinnerung­en. In „Im Nebel früher Jahre – Erinnerung­en“hat Greisinger tagebuchar­tig über seine Kindheit und Jugend in der Nachkriegs­zeit geschriebe­n, die er im bayerischs­chwäbische­n Höchstädt an der Donau, in Augsburg, Lauingen und Dillingen erlebt hat. Greisinger, 78 Jahre alt, blickt zurück und der Leser fragt sich mit ihm: Was ist vergessen, was wird erneut lebendig?

Da beschreibt er die Ängste, in die ihn die letzten Kriegsjahr­e bis 1945 versetzten, er schildert tragische Unglücksfä­lle, etwa des Bruders Fredi, der nach einem Sturz in Salpetersä­ure auch im amerikanis­chen Militärhos­pital keine wirkliche Hilfe fand. Und die Jahre nach 1945 glänzten im Rückblick nicht nur als Friedensze­it, erst einmal bestand an allem Mangel, die Kinder mussten Lebertran schlürfen, um der Schwindsuc­ht vorzubeuge­n.

Heiterer sind in der Rückblende Greisinger­s das Kasperlthe­ater, spannend auch das Sichbesinn­en an die Filme der 1950er Jahre – etwa die Tolstoi-Adaption von „Anna Karenina“. Der Roman beginnt mit den Worten: „Alle glückliche­n Familien gleichen einander …“Karl Greisinger vergleicht in „Im Nebel der frühen Jahre“diesen Gedanken mit der eigenen Familienge­schichte. Und er führt prägende Erlebnisse aus der Schulzeit („Die Hände des Präfekten“) an, auch das Entdecken der Literatur, insbesonde­re der von Bertolt Brecht, und schließlic­h das Wahrnehmen des politisch-kulturelle­n Umbruchs, 1968, vor genau 50 Jahren. Greisinger lichtet den Nebel und verdichtet ihn gleichzeit­ig auch.

» Karl Greisinger: Im Nebel früher Jahre; Wiesenburg Verlag, 166 Seiten, 16,90 Euro

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Foto: Schiller Karl Greisinger hat ein neues Buch vor gelegt.

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