Friedberger Allgemeine

Historisch­e Feste stehen auf der Kippe

In diesem Jahr wird es keine Veranstalt­ung am Wertachbru­cker Tor geben. Ob sich Besucher 2019 in die Vergangenh­eit zurückvers­etzen lassen können, ist unklar. Das liegt offenbar auch an verschärft­en Auflagen

- VON JAN KANDZORA

Auf der Homepage des Stadtmauer­vereins lassen sich noch Hinweise auf das Stadtmauer­fest 2016 finden. „Wir laden Sie ein, mit uns in die Zeit um 1600 einzutauch­en, zu feiern, Spaß zu haben und mit Ihrem Eintritt dieses imposante Bauwerk auch künftig zu bewahren“, heißt es dort. Zu einer möglichen Neuauflage am Wertachbru­cker Tor steht auf der Seite nichts, dabei wäre es eigentlich naheliegen­d, dass sie in diesem Jahr stattfinde­t. Denn zuletzt wurde das Ereignis im zweijährli­chen Turnus ausgericht­et: 2016, 2014, 2012. Auch auf der Homepage der Interessen­gemeinscha­ft (IG) Historisch­es Augsburg, die 2014 die Veranstalt­ung organisier­te, gibt es keinen Verweis auf einen Termin.

Zufall oder Nachlässig­keit seitens der Veranstalt­er ist das nicht: Nach Informatio­nen unserer Zeitung wird es 2018 kein historisch­es Fest in Augsburg geben. Marktamtsl­eiter Werner Kaufmann, der städtische Koordinato­r für solche Veranstalt­ungen, bestätigt das. Nach seinem derzeitige­n Kenntnisst­and werde heuer kein solches Fest ausgericht­et, sagt er. Hintergrun­d sind wohl finanziell­e Fragen: Sowohl das von der IG Historisch­es Augsburg veranstalt­ete Bürgerfest in den RoteTorwal­l-Anlagen 2017 als auch das vom Stadtmauer­verein 2016 organisier­te Fest am Wertachbru­cker Tor sollen mit einem dicken Minus abgeschlos­sen haben.

Die Bilanz von historisch­en Festen im Freien ist stark wetterabhä­ngig. Als es 2017 vier Regentage gab, machte sich das bei den Besucherza­hlen bemerkbar. Dazu kommen erhöhte Sicherheit­sanforderu­ngen der Stadt und die damit für die Organisato­ren verbundene­n Kosten. Schon 2016 hatte das Augsburger Ordnungsam­t nach den Attentaten in Nizza und Ansbach die Auflagen verschärft: umfassende Kontrollen am Eingang, mehr Sicherheit­spersonal, verengte Zufahrtsst­raßen zum eingezäunt­en Gelände.

Im Fall eines Festes am Wertachbru­cker Tor 2018 käme freilich noch ein anderes Problem hinzu: Es müsste erst einmal geklärt werden, wer es ausrichtet. 2014 hatten so- wohl die IG als auch der Stadtmauer­verein beantragt, das Gelände zur Festzone machen zu dürfen. Die Vereine waren sich in die Wolle geraten. Den Zuschlag der Stadt erhielt die Interessen­gemeinscha­ft, basierend auf einem Vertrag von 2008. 2016 einigte man sich darauf, dass der Stadtmauer­verein das Fest organisier­t. 2017 kündigte die IG diese Vereinbaru­ng einseitig auf. Wie und ob es weitergeht, ist unklar. Von der Interessen­gemeinscha­ft war auf Anfrage unserer Zeitung niemand zu erreichen. In seiner letzten Auflage hatte das Fest elf Tage gedauert und nach damaliger Auskunft der Organisato­ren etwa 30 000 Besucher angezogen.

Offenbar könnte auch das Bürgerfest am Roten Tor, dessen nächste Auflage 2019 wäre, auf der Kippe stehen. Im März jedenfalls wollen sich Vertreter der Stadt mit den Verantwort­lichen der Interessen­ge-

Die Vereine liegen seit langem im Clinch

meinschaft zusammense­tzen. Es soll, unter anderem, ums Thema Finanzen gehen – und darum, ein Konzept zu finden, wie sich solche Veranstalt­ungen in der Stadt künftig tragfähig organisier­en lassen.

Man wolle sich in dem geplanten persönlich­en Gespräch die Wünsche der Beteiligte­n anhören und auch eine Problemana­lyse anstellen, sagt Richard Goerlich, Sprecher der Stadt. Die Arbeit der IG sei für die Stadt von „großem kulturelle­n Wert“. Ziel sei es, Planungssi­cherheit zu erzielen.

Feste, die das Mittelalte­r oder die Frühe Neuzeit thematisie­ren, sind durchaus beliebt. Alleine in der näheren und etwas weiteren Umgebung von Augsburg gibt es unter anderem die „Kaltenberg­er Ritterspie­le“, das Altstadtfe­st „Friedberge­r Zeit“oder das Nördlinger Stadtmauer­fest. Sie ziehen in der Regel zehntausen­de Besucher an. Für die Organisato­ren sind die Veranstalt­ungen meist mit hohem zeitlichen Aufwand verbunden. Das Fest am Wertachbru­cker Tor 2016 sei ein enormer Akt gewesen, sagt Thorsten Frank vom Vorstand des Stadtmauer­vereins. Auch finanziell gesehen. Die Auflagen für die Sicherheit verursacht­en mittlerwei­le so hohe Kosten, dass es sich nicht mehr lohne, eine solche Veranstalt­ung auszuricht­en.

 ??  ??
 ?? Fotos: Mateusz Roik, Annette Zoepf ?? Das historisch­e Fest rund ums Wertachbru­cker Tor fand zuletzt alle zwei Jahre statt. Eigentlich sollte es demnach 2018 eine Neuauflage geben, doch dazu wird es wohl nicht kommen. Ein Grund ist, dass das Fest zuletzt mit einem Defizit abschloss.
Fotos: Mateusz Roik, Annette Zoepf Das historisch­e Fest rund ums Wertachbru­cker Tor fand zuletzt alle zwei Jahre statt. Eigentlich sollte es demnach 2018 eine Neuauflage geben, doch dazu wird es wohl nicht kommen. Ein Grund ist, dass das Fest zuletzt mit einem Defizit abschloss.
 ??  ?? Die Sicherheit­sauflagen für Feste in der Stadt Augsburg sind zuletzt immer schärfer geworden. Dies wirkt sich auf die Kosten aus.
Die Sicherheit­sauflagen für Feste in der Stadt Augsburg sind zuletzt immer schärfer geworden. Dies wirkt sich auf die Kosten aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany