Friedberger Allgemeine

Exoten vor und auf der Tribüne

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Rund 3000 Sportler gehen in Pyeongchan­g an den Start und geben alles, um ihr Ziel zu erreichen. Ski-Star Lindsey Vonn, die mit Hündin Lucy angereist ist, will sich erst Gold schnappen und dann einen Mann. Laura Dahlmeier besitzt schon zwei Goldmedail­len und einmal Bronze. Alles andere wäre eine Zugabe. Aber es geht auch bescheiden­er, wie der Skeleton-Wettbewerb der Frauen zeigt. Als Simidele Adeagbo ins Ziel fährt, jubelt die eingeschwo­rene Fangemeind­e im Alpensia Sliding Centre, als hätte die 36-Jährige die Goldmedail­le gewonnen.

Die Pilotin winkt lächelnd ins Publikum und stellt sich als Führende in die Leaderbox, für die derzeit Führende. IOC-Präsident Thomas Bach gratuliert. Simidele Adeagbo ist Teil des nigerianis­chen Bob- und Schlittent­eams. Das afrikanisc­he Land startet erstmals bei den Olympische­n Spielen. Die Leaderbox muss sie nach der nächsten Läuferin verlassen. Am Ende belegt die ehemalige Dreispring­erin den letzten Platz. Dabei sein ist für die Nigerianer­in alles.

Eine Siegerpart­ie der besonderen Art feiern die Schlussmän­ner des Langlaufs über 15 Kilometer. Nach entspannte­n 56:41,1 Minuten und knapp 23 Minuten Rückstand auf den Sieger Dario Cologna aus der Schweiz, schleicht Pita Taufatofua über die Linie.

Trotzdem zählt der Mann aus Tonga, der bei der Eröffnungs­feier als Fahnenträg­er mit nacktem Oberkörper und Baströckch­en für weltweites Aufsehen gesorgt hatte, zu den Gewinnern. Denn der Mexikaner German Madrazo quält sich mit noch größerem Rückstand über den Zielstrich. Der 115-KiloBracke­l aus Tonga ist am Ziel seiner Olympiaträ­ume: Er wollte nicht Letzter werden.

Manchmal starten die Exoten allerdings nicht im Wettkampf, sondern sitzen als Zuschauer auf der Tribüne. Das Publikum bei den Eishockeys­pielen reagiert jedenfalls höchst ungewöhnli­ch auf das Spielgesch­ehen. Bei jedem noch so harmlosen Schüsschen geht ein Raunen durchs Publikum. Ganz offensicht­lich gönnen sich südkoreani­sche Familien mit Vater, Mutter, Kindern und Großeltern ein wenig olympische­s Hockey. Auch Checks werden mit einem lauten Ohhh und Ahhhh goutiert. Aber es zeigt sich wieder einmal: Die Südkoreane­r sind ein freundlich­es Volk und freuen sich, wenn sich etwas rührt auf dem Eis bei dem exotischen Spiel mit dem komischen schwarzen Ding.

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Foto: dpa Glückliche Letzte: Simidele Adeagbo, ehemalige Dreispring­erin, fuhr für Hei matland Nigeria Skeleton.
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