Friedberger Allgemeine

Die Sorgen des „Mister Pipinsried“

Fußball Nach 51 Jahren gibt Konrad Höß die Verantwort­ung für sein „Lebenswerk“aus der Hand. Wie sich der 77-Jährige dabei fühlt, was von seiner Zeit als FCP-Präsident am meisten hängen bleibt und was er in Zukunft macht

- VON SEBASTIAN RICHLY

Altomünste­r Pipinsried Stehende Ovationen gab es für Konrad Höß im Sportheim des FC Pipinsried. Und dennoch fühlte sich der 77-Jährige unwohl, sehr unwohl sogar. Gerade hatte er seine letzten Worte als FCP-Präsident an die Mitglieder gerichtet. Nach 51 Jahren im Amt übergab Höß auf der Jahreshaup­tversammlu­ng die Verantwort­ung an seine Nachfolger (wir berichtete­n).

Kein leichter Schritt für „Mister Pipinsried“: „Es ist ein komisches Gefühl. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, aber ich bin schon wehmütig.“Immerhin liegt die Zukunft des FCP, den er 1967 mit einigen Gleichgesi­nnten gegründet hat, nicht mehr in seinen Händen. „Ich habe schon Angst und bin besorgt. Der FCP ist für mich nicht bloß ein Verein, sondern mein Lebenswerk. Ich habe hier alles aufgebaut und will, dass es dem Klub auch künftig gut geht.“Höß ist kein klassische­r Funktionär, eher ein Mädchen für Alles. Vom Sportheimb­etrieb über Sponsorena­kquise bis hin zu seiner Königsdisz­iplin, der Rasenpfleg­e – der „Höß Conny“war sich für nichts zu schade. Allerdings duldete der Fußball-Patriarch, wie er oft in den Medien betitelt wurde, auch kaum Widerworte und setzte seinen Standpunkt meist stur durch. „Ich war knallhart“, beschreibt der frühere Milchprüfe­r seinen Verhandlun­gsstil. „Bis zur Bezirkslig­a haben die Spieler keinen Pfennig bekommen und mussten sogar noch für das Trikotwasc­hen zahlen.“

Gerne erinnert sich Höß an die „guten alten Zeiten“. „Der Fußball ist noch der gleiche, aber der Mensch hat sich verändert. Keiner hat mehr Manieren und alle halten nur noch die Hand auf.“Besonders bemängelt er dabei das Sozialverh­alten vieler Spieler. „Früher waren alle im Sportheim gesessen und man hat sich mit den Mitglieder­n ausgetausc­ht. Heute ist fast keiner mehr da.“Wenn er aus dem Nähkästche­n plaudert, ist er kaum zu bremsen. Besonders gerne erinnert er sich auch an die sportliche­n Erfolge. Der Regionalli­ga-Aufstieg liegt dabei nicht sehr hoch im Kurs. Die frühen Erfolge bringen ihn mehr zum Strahlen. Vor allem der Aufstieg aus der C-Klasse in Brunnen ist Höß im Gedächtnis geblieben. „Meine Frau Kathi haben die Spieler damals auf ihren Schultern getragen. Sie hat mich immer unterstütz­t und viel geleistet.“Die alten Fotos im FCPSporthe­im schaut sich der 77-Jähri- deshalb auch gerne an. Doch es gab auch schlechte Zeiten. Vor sechs Jahren schwebte Höß nach einem Herzinfark­t in Lebensgefa­hr. Seitdem achtet er etwas mehr auf sich. Bei Auswärtssp­ielen blieb er meist daheim: „Zu viel Aufregung.“

Dabei ist Höß oft kaum zu bremsen. „Immer mit dem Kopf voran“, so beschreibt der 77-Jährige sein Erfolgsrez­ept. Mit seiner Art ist er als Klubboss auch öfters angeeckt. Mit dem ehemaligen Spielertra­iner Tobias Strobl etwa sprach er zeitweise nur noch vor Gericht. Mittlerwei­le haben sich die Streithähn­e wieder versöhnt. Mit den meisten seiner insgesamt 25 Trainer kam er aber gut aus. Geräuschlo­s war auch sein Abschied nicht. Die Medienvert­reter wurden vom neuen Vorstand von der Mitglieder­versammlun­g ausgeschlo­ssen. Höß polterte und schiebt jetzt hinterher: „Irgendwann muss jeder einmal gehen, auch wegen der Gesundheit. Aber mein Führungsst­il hat auch so manchem wohl nicht mehr gepasst“, so seine vielsagend­e Einschätzu­ng.

„Nachtreten“will Höß aber in keinem Fall. „Wir haben alle dasselbe Ziel. Dem Verein soll es gut gehen. Im neuen Vorstand sind fähige Leute dabei.“Dennoch kündigte der mittlerwei­le Ex-Präsident an: „Ich werde die Entwicklun­g verfolge gen und hoffe, ich muss mich nicht ständig ärgern.“Dabei geht es dem Rentner nicht in erster Linie um den sportliche­n Erfolg. Den Regionalli­ga-Aufstieg bezeichnet er als „Fußball-Märchen“. „Aber ob wir als kleiner Dorfklub auf Dauer mithalten können, ist zumindest fraglich.“Mit dem Einzug in Bayerns höchste Spielklass­e hatte er auch gar nicht gerechnet. „Das ist natürlich toll für die Mitglieder. Die stehen im Vordergrun­d. Der sportliche Erfolg darf aber niemals zu ihren Lasten gehen. Da steige ich lieber fünfmal aus der Regionalli­ga ab, bevor die Mitglieder und der Charakter des Klubs Schaden nehmen.“

Eigentlich könnte sich der 77-Jährige jetzt auf seine Hobbys konzentrie­ren. Da gibt es nur ein Problem: Der FC Pipinsried ist immer sein Hobby gewesen. „Ich bin ein naturverbu­ndener Mensch und mag Tiere, aber viel Zeit brauche ich dafür nicht.“Eine Sache fällt ihm dann doch noch ein. „Ich könnte mich weiter um den Rasen beim FCP kümmern.“Den hat er über die Jahre gehegt und gepflegt – und zum Unmut seiner Trainer ab und an ein Spiel ausfallen lassen. In seiner typischen Art fügt er deshalb hinzu: „Ich mache das nur, wenn ich dann der Chef bin und selbst entscheide­n kann, wann gespielt wird.“

Bleibt abzuwarten wie es mit Konrad Höß und seinem FC Pipinsried weitergeht. Kann der „ewige Conny“wirklich nach einer so langen Zeit loslassen? Seine letzten Worte als FCP-Präsident lassen das Gegenteil vermuten: „Ich werde die Entwicklun­g mit Argusaugen verfolgen.“Einmischen wird er sich wohl auch in Zukunft. „Bevor der Verein sein Herz und seinen Charakter verliert, übernehme ich wieder. Oder ich ziehe aus Pipinsried weg“, so die Drohung. Pipinsried ohne Höß – kaum vorstellba­r.

 ?? Archivfoto: Peter Appel ?? Immer mit vollem Herzen dabei: 51 Jahre lang lenkte Konrad Höß die Geschicke beim FC Pipinsried. Jetzt hat der 77 Jährige sein Amt als FCP Präsident niedergele­gt. Der „ewige Conny“blickt auf viele schöne Jahre zurück.
Archivfoto: Peter Appel Immer mit vollem Herzen dabei: 51 Jahre lang lenkte Konrad Höß die Geschicke beim FC Pipinsried. Jetzt hat der 77 Jährige sein Amt als FCP Präsident niedergele­gt. Der „ewige Conny“blickt auf viele schöne Jahre zurück.

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