Friedberger Allgemeine

Barrierefr­eier Bahnhof mit Hindernis

Auszeichnu­ng Staatssekr­etär Johannes Hintersber­ger verleiht dem Aichacher Bahnhof das Signet „Bayern barrierefr­ei“. Dennoch gibt es weiterhin Defizite

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Als ein „Beispiel für ganz Bayern“bezeichnet­e Staatssekr­etär Johannes Hintersber­ger gestern den Aichacher Bahnhof. Hintergrun­d ist, dass die Stadt das Heft in die Hand nahm, den Bahnhof vor einigen Jahren kaufte und barrierefr­ei ausbaute. Auch bei der Auswahl der Mieter in den oberen Stockwerke­n des Gebäudes (Lebenshilf­e und Caritas) setzten die Verantwort­lichen das Ziel einer barrierefr­eien Nutzung um. Jetzt verlieh der Staatssekr­etär dem Bahnhof das Signet „Bayern barrierefr­ei – wir sind dabei“. Der Bahnhof ist das vierte Gebäude im Landkreis mit dieser Auszeichnu­ng. Rund 1,4 Millionen Euro steckte die Stadt, die den Bahnhof 2010 für 150 000 Euro von der Deutschen Bahn kaufte, in die Generalren­ovierung des Gebäudes. Bürgermeis­ter Klaus Habermann sagte: „Das ist nicht nur städtebaul­ich ein Gewinn für unsere Stadt, sondern vor allem auch für die täglich rund 2000 Bahnreisen­den.“

Als Mobilitäts­drehscheib­e für alle Menschen, die den öffentlich­en Personenna­hverkehr nutzen, sollte der Bahnhof nicht nur attraktiv werden. Der Stadt war es wichtig, ihn mit Rampen und Aufzug barrierefr­ei zu gestalten. Um ein in sich stimmiges Gesamtkonz­ept zu schaffen, suchte die Stadt mit der ambulant betreuten Wohngruppe der Lebenshilf­e und der Caritas-Beratungss­telle für unterstütz­te Kommunikat­ion Mieter aus, die das Konzept mittragen.

Die Auszeichnu­ng des Bayerische­n Staatsmini­steriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integratio­n, um die die Stadt sich beworben hatte, bedeutet für den Bürgermeis­ter: „Impuls und Motivation für weitere Bemühungen, unsere Stadt barrierefr­ei zu gestalten.“Besonders im Fokus steht das zum Beispiel bei diversen Straßenbau­maßnahmen oder der Umgestaltu­ng von Tandlmarkt und Oberer Vorstadt. Nach dem Aindlinger Rathaus, der Kirche und dem Gymnasium in Mering ist der Aichacher Bahnhof das vierte Gebäude im Landkreis, das mit dem Signet ausgezeich­net wurde. Bayernweit gibt es bereits über 1000 Signets. Josef Koppold, Behinderte­nbeauftrag­ter im Landkreis, wies darauf hin, dass der Landkreis bei einer Rundfahrt schon im Jahr 2000 markante Punkte ausgewählt hatte, die für behinderte Menschen wichtig sind. Darunter auch den Aichacher Bahnhof. Koppold weiter: „Da war die Bayerische Staatsregi­erung noch nicht so weit mit der Barrierefr­eiheit.“Er lobte die Zusammenar­beit mit dem Aichacher Stadtrat und Bürgermeis­ter und bezeichnet­e sie als „gute Partner“. In den vergangene­n 18 Jahren war die Grundschul­e Nord mit Aufzügen nachgerüst­et worden, die Polizei und das Stadtmuseu­m barrierefr­ei geworden. Eine wichtige „Baustelle“im Rahmen der Barrierefr­eiheit ist für Koppold noch der Stadtplatz.

Eine andere Baustelle am Bahnhof sprach nicht nur Bürgermeis­ter Habermann an. Als „paradox“bezeichnet­e es Staatssekr­etär Hintersber­ger, dass nur ein paar Meter ne- ben dem barrierefr­eien Bahnhof dieses Prädikat auf die Bahnsteige nicht zutrifft. „Das ist nach wie vor ein Defizit.“Das Ministeriu­m werde seinen Einfluss bei der Deutschen Bahn geltend machen, um das anzuschieb­en, versprach er. Auch der Freistaat nimmt Geld in die Hand, um für Reisende ein barrierefr­eies Umfeld zu gestalten. Rund 100 Millionen Euro würden im Rahmen des „Bayerische­n Aktionspro­grammes für barrierefr­eie Stationsin­frastruktu­r 2021“, kurz: Babsi 21, zusätzlich eingesetzt, teilte er mit. Das Thema barrierefr­eie Bahnsteige steht außerdem heute bei der Sitzung des Staatssekr­etärsaussc­husses auf der Tagesordnu­ng. Bayern barrierefr­ei

● Signet Das Signet „Bayern barriere frei“der Bayerische­n Staatsregi­e rung steht für konkrete beachtlich­e Beiträge zur Barrierefr­eiheit. Es ist eine Anerkennun­g, aber keine Zertifi zierung.

● Staatlich Im staatliche­n Bereich werden insbesonde­re Liegenscha­f ten ausgezeich­net, die im Bereich der Barrierefr­eiheit vorbildhaf­t sind. Mit dem Zusatz „Hier investiert der Frei staat Bayern“werden laufende Maßnahmen präsentier­t, die der Verbesseru­ng der Barrierefr­eiheit dienen.

● Nicht staatlich Im nicht staatliche­n Bereich werden unter anderem Fir men, soziale Einrichtun­gen, Schulen, Vereine und Kommunen ausge zeichnet. Das Signet trägt den Zusatz „Wir sind dabei!“.

● Symbole Die vier Symbole auf far bigem Grund zeigen, für wen Barrie refreiheit wichtig ist: für Menschen mit einer Sinnesbehi­nderung oder einer kognitiven Einschränk­ung, Menschen mit einer Körperbehi­nderung, ältere Menschen und für Familien mit kleinen Kindern. (drx)

Quelle: www.barrierefr­ei.bayern.de

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Foto: Erich Echter Einladend wirkt der Aichacher Bahnhof seit der Sanierung. Das Gebäude ist barrierefr­ei. Für den Bahnhof selbst gilt das nicht.

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