Friedberger Allgemeine

Streit auf einem Parkplatz endet tödlich

Ein Sportwagen­fahrer gerät vor einer Klinik in Göggingen mit einem 88-Jährigen aneinander. Dabei soll er den Rentner laut Anklage so geschubst haben, dass dieser später starb. Ein Gericht prüft jetzt die Schuld des Autofahrer­s

- VON PETER RICHTER

Ein Parkplatzs­treit kann schnell vor einem Gericht enden. Dieser Streit allerdings endete für einen Rentner, 88, tragischer­weise tödlich. Weshalb seit Donnerstag die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts den Fall verhandelt. Auf der Anklageban­k sitzt der Fahrer eines Sportwagen­s. In Rage hatte dieser den alten Mann zu Boden gestoßen, der Monate später laut Anklage an den erlittenen schweren Kopfverlet­zungen starb. Dem 51-Jährigen, der in dem mehrtägige­n Prozess von Anwalt Christoph Kühn verteidigt wird, droht eine mehrjährig­e Haftstrafe. Er ist wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge angeklagt.

Der Streit hat sich vorigen August auf dem privaten Parkplatz der Hessing-Klinik im Stadtteil Göggingen abgespielt. Der im Landkreis woh- Angeklagte wollte, wie er dem Gericht schilderte, an dem Vormittag gemeinsam mit seiner Frau seine Mutter im Krankenhau­s besuchen. Weil es ein schöner, warmer Sommertag war, fuhr das Ehepaar im offenen Porsche-Cabriolet. Der 51-Jährige hatte, wie er sagte, den Rentner auf dem Parkplatz stehen sehen, der allem Anschein zum Kassenauto­maten gehen wollte, in dem Moment jedoch noch in seiner Geldbörse kramte. Um auf sich aufmerksam zu machen, sei er „kurz aufs Gas gestiegen“.

Georg S. hatte an dem Vormittag den Krankenbes­uch gerade hinter sich. Seine Tochter hatte ihn zur Klinik gefahren, wo seine Frau lag, die an dem Tag ins Klinikum verlegt werden sollte. Während die Tochter Reisetasch­e und Rollator der Mutter ins Auto lud, war der Vater zum Kassenauto­maten unterwegs, um das Parkticket zu bezahlen. Der 88-Jährige reagierte erschrocke­n, als er plötzlich neben sich Motorenger­äusch aufheulen hörte, er beschimpft­e offenbar den Porschefah­rer. Der Fahrer hörte, wie ihm „Vollidiot“und „Trottel“hinterherg­erufen wurde. Wütend hielt er an. „Ich wollte ihn zur Rede stellen, warum er mich beleidigt“, sagt der Angeklagte vor Gericht.

Die Tochter, Augenzeugi­n des Vorfalls, schilderte vor Gericht, wie sie die Situation erlebt hat. Aus der Ferne hatte sie ihren Papa erregt schimpfen hören. Sie hörte, wie er den Porschefah­rer einen „Verkehrsro­wdy“nannte. Der Angeklagte habe die Autotür aufgerisse­n und sei mit den Worten „Was willst Du? Was willst Du?“auf ihren Vater zugestürmt. Als sich beide Auge in Auge gegenübers­tanden, sah die Tochter – im Prozess Nebenkläge­nende rin –, wie ihr Vater geschubst wurde und stürzte. „Mein Vater ist wie ein Baum umgefallen“, erinnert sich die Zeugin. Der 88-Jährige prallte mit dem Kopf auf, verlor sein Hörgerät, Geldmünzen verteilten sich auf dem Asphalt. Der Rentner war blass und verwirrt, als er wieder zu sich kam und vergeblich versuchte, aufzustehe­n. Blut rann aus einem Ohr. Die Tochter hatte Angst, dass ihr Vater stirbt. Sie holte Decken, während der Autofahrer den Kopf des Verletzten hielt. Kurz darauf traf ein Krankenwag­en ein. Die folgenden Monate bis zu seinem Tod wurden für Georg S. ein Leidensweg. Drei Mal wurde er am Kopf operiert. Er erlitt einen leichten Schlaganfa­ll, konnte nur noch künstlich ernährt werden. Nach einem Monat wurde der 88-Jährige ins Therapieze­ntrum Burgau verlegt, doch sein Zustand verschlech­terte sich. Nach einer Lungenentz­ündung und einem Gehirninfa­rkt starb er Anfang Februar vorigen Jahres. Die Staatsanwa­ltschaft beruft sich in ihrer Anklage auf Gutachten. Georg S. hat demnach bei dem Sturz ein SchädelHir­n-Trauma erlitten, das verantwort­lich ist für nachfolgen­de, schwere Gesundheit­sschäden.

Nach dem Tod des Rentners hatte die Staatsanwa­ltschaft im Februar einen Haftbefehl gegen den Autofahrer erwirkt. Nach zweitägige­r Untersuchu­ngshaft kam der 51-Jährige aber gegen Auflagen wieder frei. Dem Angeklagte­n war am ersten Prozesstag bei seiner Aussage anzumerken, wie sehr ihm der Tod von Georg S. nahe geht. Entscheide­nd in dem mehrtägige­n Prozess wird sein, ob der Angeklagte nach Ansicht der Richter durch sein Verhalten tatsächlic­h den Tod des Rentners verschulde­t hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany