Von Wald und Wild
Jedes dritte Jahr stellt die Bayerische Forstverwaltung durch Gutachten fest, wie groß die Verbissschäden sind. Danach richtet sich die Abschussplanung
Die Förster wollen Abschussquoten, um Verbissschäden zu verringern, die Jäger wollen mehr Wild. Wie kann man diese Positionen versöhnen?
Friedberg Wald und Wild – was für die einen untrennbar zusammengehört, ist für die anderen ein immerwährender Konfliktstoff. „Seit Langem wird eine emotionale Debatte um die Verbissschäden durch Rehe und Hirsche in den Wäldern geführt. Die Tiere fressen die Triebe junger Pflanzen und hindern so deren Wachstum. Deshalb sind sie den Waldbesitzern ein Dorn im Auge “, erläutert Ralf Gang, Abteilungsleiter für den Bereich Forsten im Landwirtschaftsamt Augsburg. „Die Jäger hingegen dezimieren nur ungern die Population in ihren Revieren und sehen den Wildverbiss meist weniger kritisch“, schildert Gang die Sachlage.
In Anbetracht der festgefahrenen Positionen wurde 1986 erstmals das Forstliche Gutachten erstellt. Alle drei Jahre liefert die statistische Erhebung objektive Zahlen, auf deren Grundlage der nächste Abschussplan erstellt wird. Er soll für beide Parteien nachvollziehbar sein, deshalb verfolgen viele Förster und Waldbesitzer das Verfahren mit großem Interesse.
Im Wald bei Derching fand nun die Auftaktveranstaltung für die Neuauflage des Forstlichen Gutachtens statt, zu der das Landwirtschaftsamt beide Seiten eingeladen hatte. Nachdem Gang die Fragen der Anwesenden zu den Methoden und Zielen der Erhebung beantwortet hat, führt Förster Rolf Banholzer vor, wie die Verbissbelastung für das Gutachten festgestellt wird. Nach einem genau festgelegten Schema werden sogenannte Verjüngungsflächen untersucht – Bereiche, in denen junge Bäume stehen, die noch klein genug sind, um vom Wild angefressen zu werden. „Es wird nur der Verbiss des letzten Jah- res aufgenommen“, erläutert Banholzer. So sei das Ergebnis auch wirklich aktuell. „Ob statt Rehen oder Hirschen in Wirklichkeit Eichhörnchen, Mäuse oder Hasen an den Schäden schuld sind, kann das geübte Auge erkennen, da gibt es keine Verwechslungsgefahr“, beruhigt er die skeptischen Jäger.
Die Stelle, die Banholzer für die Anwesenden in Augenschein nimmt, weist tatsächlich einige Verbissspuren auf. Anzahl und Art werden genau protokolliert. In den nächsten Monaten haben Banholzer und seine Kollegen noch viel zu tun, denn in den rund 750 Hegegemeinschaften in Bayern müssen je 30 bis 40 Verjüngungsflächen begutachtet werden. „Bis Ende April müssen wir fertig sein, danach treiben die Pflanzen“, merkt Gang an. Da eine Hegegemeinschaft aus etwa 20 bis 40 verschiedenen Jagdrevieren besteht, fühlen sich einzelne Jäger oder Waldbesitzer manchmal unfair behandelt. Schließlich gibt es nur einen Durchschnittswert pro Hegegemeinschaft. In einem solchen Fall könne auch kostenlos ein individuelles, revierbezogenes Gutachten beantragt werden, informiert Banholzer. Das habe aber auf das Forstliche Gutachten keinen Einfluss.
„Schlussendlich ist es unser Ziel, einen gesunden, zukunftsfähigen Wald zu haben“, merkt Banholzer an. Der schließe Tiere mit ein, es müsse aber auch genügend junge Bäume geben. Vor drei Jahren sei die Situation im Derchinger Forst mit „tragbar“bewertet worden (siehe Infokasten). Damals wurden die Abschusszahlen erhöht, der Verbiss sei seitdem weniger geworden. Das neue Gutachten soll bis September fertiggestellt werden.
„Ob Rehe oder Hasen an den Schäden schuld sind, kann das geübte Auge erkennen. Da gibt es keine Verwechs lungsgefahr.“Förster Rolf Banholzer