Friedberger Allgemeine

Die FOS ist ein Sanierungs­fall

Die Kriminalit­ät auf dem zentralen Platz nimmt zu, deshalb soll es bald eine Videoüberw­achung geben. Der Anteil der Flüchtling­e an den Tatverdäch­tigen ist relativ hoch. Sie sind aber nicht allein für den Anstieg verantwort­lich

- VON JÖRG HEINZLE

Das eiskalte Winterwett­er im Februar sorgte für etwas Ruhe. Am Königsplat­z hatte die Polizei zuletzt weniger Einsätze. Viele, die sich sonst regelmäßig hier aufhalten, hatten wohl keine Lust, draußen zu sitzen und zu frieren. Bei der Polizei rechnet man damit, dass es mit den steigenden Temperatur­en auch wieder mehr Ärger gibt. Im vergangene­n Frühjahr hatten sich am Kö zeitweise die Einsätze gehäuft. Der Grund waren oft Streiterei­n in der Süchtigens­zene und unter jungen Migranten. Weil die Zahl der Straftaten stark gestiegen ist, soll an dem Platz noch dieses Jahr eine Videoüberw­achung installier­t werden.

Doch wer ist verantwort­lich für die Zunahme der Straftaten? Hängt die gestiegene Kriminalit­ät auch mit dem starken Zuzug von Flüchtling­en Ende 2015 zusammen?

Eine eindeutige Antwort darauf ist schwer zu finden. Das zeigen die Zahlen der Polizei. Im Präsidium wurde die Lage auf dem Kö und auf anderen Plätzen analysiert. Der Königsplat­z ist mit Abstand am stärksten mit Kriminalit­ät belastet. Bei der Analyse, wer dort Straftaten begeht, wird es allerdings schon komplizier­ter. Tatsächlic­h ist der Ausländera­nteil bei den am Kö ermittelte­n Tatverdäch­tigen relativ hoch – und er ist in den vergangene­n Jahren auch gestiegen. Aber nicht so deutlich, wie man es vermuten könnte.

Die Polizei hat jeweils die Zahlen für den Zeitraum von Januar bis ein- September verglichen. Im Jahr 2015, vor der Flüchtling­skrise, hatten 38,6 Prozent der am Kö ermittelte­n Tatverdäch­tigen keinen deutschen Pass. Im selben Zeitraum 2017 lag der Ausländera­nteil bei 43,7 Prozent. Eine Steigerung um fünf Prozentpun­kte.

Betrachtet man nur den Anteil der Asylbewerb­er und Flüchtling­e, ergibt sich eine um einiges deutlicher­e Zunahme. Im Jahr 2015 waren 13,3 Prozent der Tatverdäch­tigen Flüchtling­e, im Jahr 2017 waren es dann 27,6 Prozent. Noch etwas grö- ßer ist der Anteil der Flüchtling­e bei den Rohheitsde­likten – unter diesem Begriff werden Raubüberfä­lle, Körperverl­etzungen, Bedrohunge­n und Nötigungen zusammenge­fasst. 2017 lag der Anteil der Flüchtling­e hier bei 30 Prozent. Damit war etwa jeder dritte Verdächtig­e ein Flüchtling. Zwei Jahre zuvor war der Flüchtling­santeil bei den Rohheitsde­likten noch wesentlich geringer, er lag damals bei 16,7 Prozent.

Polizisten, die häufiger auf dem Königsplat­z im Einsatz sind, bestätigen, dass es gerade im vergangesc­hließlich nen Frühjahr und Sommer immer wieder Probleme mit Gruppen von jüngeren Migranten gab. Viele hätten sich wohl auch aus Langeweile am Kö aufgehalte­n. Streit habe es überwiegen­d untereinan­der gegeben. Unbeteilig­te Passanten seien meist nicht betroffen gewesen. Auffällig war aus Sicht der Polizei auch, dass die Jugendlich­en teils nur wenig Respekt gegenüber den Beamten zeigten. Die Polizei reagierte darauf, in dem sie ihre Präsenz deutlich verstärkte. Es gab auch wiederholt Kontrollak­tionen. Die Präsenz zeigte Wirkung: Nach Einschätzu­ng der Polizei ist die Situation im Lauf des Sommers besser geworden.

Helmut Jesske, der Geschäftsf­ührer des Stadtjugen­drings, bestätigt, dass auch Flüchtling­e die Plätze verstärkt nutzen. Bei der Vielzahl von Gruppen, die in der Stadt unterwegs seien, könne man Probleme aber nie an einer bestimmten Klientel festmachen. Die Streetwork­er hätten auch zu jungen Flüchtling­en einen guten Kontakt. Generell gelte: Die Personen, die sich am Kö aufhalten, seien die problemati­schere Klientel als jene, die sich vor dem Rathaus oder am Elias-Holl-Platz trifft.

Wichtig ist: Die Zahlen zeigen einen Trend, aber es bleiben Unsicherhe­iten. Bei Taten, die nicht geklärt werden, bleibt es unklar, wer der Täter gewesen sein soll und welchen Hintergrun­d er hat. Die Polizei führt zudem nur eine Statistik über die Verdächtig­en. Wer am Ende vom Gericht verurteilt oder freigespro­chen wird, ist nicht bekannt. Bei Drogendeli­kten kommt noch etwas hinzu. Hier werden die meisten Taten durch Kontrollen aufgedeckt. Es wirkt sich damit direkt auf die Statistik aus, welche Gruppen verstärkt kontrollie­rt werden. Einfach formuliert: Der kleine Händler auf der Straße wird eher erwischt als der wohlhabend­e Kokain-Konsument.

Eines zeigen die Zahlen ebenfalls: Für den Anstieg der Kriminalit­ät sind längst nicht nur Ausländer oder Flüchtling­e verantwort­lich. Auch bei Verdächtig­en mit deutschem Pass ist der Anstieg ganz deutlich.

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Fotos: Silvio Wyszengrad, Ulrich Wagner, Anne Wall, Ida König Tanzen, Hektik am Haltestell­en Dreieck, Kultur, Alkohol und immer wieder Polizeiein­sätze: Der Königsplat­z hat viele Gesichter. Weil die Zahl der Straftaten zuletzt deutlich angestiege­n ist, will die Polizei den Platz ab Herbst mit Kameras überwachen....
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