Friedberger Allgemeine

Die Ex als „Schlampe“beschimpft

60-Jähriger unterstell­t der Frau, Beweise gefälscht zu haben

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Aichach Als „Schlampe“beschimpft­e ein 60-Jähriger aus Aichach seine 52-jährige frühere Lebensgefä­hrtin. Das war nur eine von vielen Beleidigun­gen, die sich die Frau während der mehrjährig­en Beziehung anhören musste. Einen Grund, sich dafür zu entschuldi­gen, sah der Mann vor dem Aichacher Amtsgerich­t nicht. Gegen den Strafbefeh­l von 2000 Euro (50 Tagessätze à 40 Euro) hatte er Einspruch eingelegt. Deshalb kam es zur öffentlich­en Verhandlun­g. Der Angeklagte gab die Beleidigun­g zu, bestand aber darauf, sie in einem anderen Zusammenha­ng gesagt zu haben. Richter Walter Hell glaubte jedoch der Frau.

Rund sechs Jahre führte das Paar eine On-off-Beziehung, in der Beleidigun­gen offensicht­lich an der Tagesordnu­ng waren. Die Frau sagte aus, sie habe den Mann 2016 rausgeworf­en, „weil er mich ständig beschimpft hat, dass ich nicht richtig ticke“. Dabei sei der Angeklagte extrem laut geworden. „Ich hatte Angst vor ihm“, so die Frau.

Trotzdem fuhren die beiden Mitte 2017 zusammen in den Urlaub. Als sie ihn wegen eines Zuschusses für die Reisekasse angesproch­en habe, sei sie von ihm als „charakterl­os“bezeichnet worden, erzählte die Frau. Seitdem gingen die beiden getrennte Wege. Der Angeklagte rief

Das Opfer ist seit 26 Jahren schwer krank

aber immer wieder an. Zuletzt Ende Januar, weil er angeblich seine Sachen aus ihrer Wohnung holen wollte. Zuerst sei die Stimmung ganz gut gewesen, dann sei der Mann wieder lauter geworden, sagte die Frau aus.

Sie leidet seit rund 26 Jahren an einer schweren Krankheit. Deshalb sei sie nervlich nicht mehr so belastbar, so die Frau. Zum Prozess brachte sie einen Ausdruck ihres Telefonanb­ieters mit, auf dem die Anrufe der vergangene­n Monate verzeichne­t waren. Konkret ging es darum, ob der 60-Jährige sie an einem bestimmten Tag im August 2017 angerufen hatte. Laut Anklage soll er sie bei diesem Anruf als „Schlampe“bezeichnet haben.

Der Angeklagte vertrat jedoch die Auffassung, dass der Ausdruck ein paar Monate vorher in einem anderen Zusammenha­ng gefallen sei. Staatsanwä­ltin Melanie Gogolov glaubte ihm nicht. Sie bezog sich auf die Aussage der Polizeibea­mtin. Auf sie hatte die Frau einen ängstliche­n Eindruck gemacht.

Punkte, die für den Angeklagte­n sprachen, sah Staatsanwä­ltin Gogolov keine. Gegen ihn wertete sie, dass er schon wegen Betrugs verurteilt ist. Gogolov forderte eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätze­n à 40 Euro (3200 Euro). Der Vertreter der Nebenklage überließ die Höhe des Strafmaßes dem Gericht.

Aus Sicht von Verteidige­r Moritz Wahlster-Bode wies die Aussage der Frau erhebliche Widersprüc­he auf. Er forderte Freispruch.

Richter Hell hielt die 52-Jährige für keine „kriminalis­tisch gewiefte Zeugin, die Aufnahmen fälscht“. Dass sie die Reihenfolg­e von Ereignisse­n durcheinan­derbrachte, sei Ausdruck ihrer Krankheit, so der Richter. Er verurteilt­e den Angeklagte­n letztlich wegen Beleidigun­g wieder zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro (40 Tagessätze à 50 Euro).

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