Friedberger Allgemeine

Mehr Fahrgäste seit Tarifrefor­m

Zum Januar haben die Stadtwerke ihre Preise geändert. Bei vielen Kunden führte dies zu massiven Protesten. Die Nachfrage nach Einzelfahr­scheinen ist seitdem gesunken. Bei den Abos schaut es anders aus

- VON STEFAN KROG

Zwei Monate nach der Umsetzung der umstritten­en Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbu­nd (AVV) ziehen die Stadtwerke eine erste Bilanz: Das Ziel, mehr Fahrgäste zu gewinnen, dürfte demnach erreicht werden. Im Januar und Februar stieg die Zahl der Passagiere um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum. Zum Stichtag am 1. März stieg die Zahl der Abo-Nutzer im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent. Zwar wurden rund acht Prozent weniger Einzelfahr­scheine verkauft, dafür stieg die Zahl der Streifenka­rten-Käufe.

Die Tarifrefor­m hatte wie berichtet eine Verschiebu­ng im Tarifgefüg­e gebracht. Für einen Teil der Gelegenhei­tsfahrgäst­e gab es durch die Zonenzusam­menlegung im Innenraum eine Fahrpreisv­erdoppelun­g, was bei den Betroffene­n für Unmut sorgte. Bei den Abos wurden die Preise nur moderat angehoben. Das 9-Uhr-Abo für 30 Euro ist rund zehn Euro billiger geworden.

Inwieweit Gelegenhei­tsfahrer zu Abonnenten wurden oder – wie von Betroffene­n angedroht – aufs Auto umgestiege­n sind, lässt sich aus den aktuellen Stadtwerke­Zahlen noch nicht ablesen. „Wer aus welcher Fahrgastgr­uppe wo hingewande­rt ist, muss noch analysiert werden. Für gesicherte Erkenntnis­se muss zudem einige Monate abgewartet werden, bis sich das neue System eingepende­lt hat“, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. Einige Details sind schon jetzt bekannt: ● Einzelfahr­scheine und Streifenka­r te Im Bereich der Einzelfahr­scheine wurden acht Prozent weniger verkauft. Dies dürfte damit zusammenhä­ngen, dass die bisherige Zone 1 (eine im Radius bis zu drei Kilometer große Zone rund um die Innenstadt) für Bartarife abgeschaff­t wurde. Fahrgäste zahlen für Fahrten in Augsburg jetzt obligatori­sch die Preisstufe 2. Ausnahme: die neue Kurzstreck­e, mit der man von der Einstiegsh­altestelle aus vier Haltestell­en weit kommt. Auf den meisten Linienäste­n (Ausnahme: Göggingen) ist man damit aber schlechter bedient als bisher, wenn man zum Königsplat­z will. Allerdings scheint das bei weitem nicht alle Ge- abzuhalten. Gestiegen ist nämlich der Verkauf von Streifenka­rten um etwa fünf Prozent.

● Abos Bei den Abos ging die Zahl zum Stichtag 1. März gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf jetzt 41100 nach oben. Das Mobil-Abo legte demnach um 20 Prozent auf jetzt 7800 zu, das neue 9-Uhr-Abo um fast 23 Prozent auf 11 500. Auch die Zahl der Schüler-Abos stieg um etwa 20 Prozent (jetzt rund 10700). Dies dürfte daran liegen, dass es seit 1. Januar einen Zuschuss von der Stadt für diejenigen Schüler gibt, bei denen der Freistaat nicht die Kosten erstattet. Dies hängt von der Entfernung zwischen Wohnort und Schule ab. Die Zahl der Kündigunge­n hielt sich mit 500 im langjährig­en Schnitt oder sogar leicht darunter, heißt es von den Stadtwerke­n.

Allerdings handelt es sich nicht bei allen Neu-Abonnenten um NeuFahrgäs­te. Denn das frühere Seniomanch­en ren-Abo ging zum Jahreswech­sel im neuen 9-Uhr-Abo auf. Ein Teil der neuen Abonnenten dürften darum Senioren sein, die schon bisher Bus und Tram fuhren. Zum Vergleich: Im März 2017 gab es knapp 8100 Senioren-Abos.

Hinzu kommt, dass die Wochenkart­e gestrichen wurde. Laut Stadtwerke­n wurden früher 4500 Stück pro Monat verkauft – zu welchen Tickets diese Fahrgäste wechselten, ist noch unklar. Bei den Monatskart­en gab es zwischen Februar 2017 und 2018 trotz eine Verteuerun­g eine Steigerung von 6200 auf 7200 – möglicherw­eise sind hier frühere Wochenkart­en-Kunden ausgewiche­n.

Momentan, so die Verkehrsbe­triebe, liege man beim Abo-Zuwachs über dem, was der Gutachter vorhersagt­e, der die Stadtwerke bei der Tarifrefor­m beriet. Bei der voraussich­tlichen Zunahme der Fahrgastza­hlen in diesem Jahr (zuletzt beförderte­n die Stadtwerke mehr als 60 Millionen Fahrgäste im Jahr) muss man aber beachten, dass es in Augsburg – wie im bundesweit­en Trend auch – bereits in den verganlege­nheitsfahr­er genen Jahren stetige Fahrgastzu­wächse gab.

Bei den Stadtwerke­n wurden zuletzt etwa 80 Prozent aller Fahrten über Abos abgewickel­t. Dies sei im Vergleich zu anderen Städten niedrig, obwohl es in Augsburg ein obligatori­sches Semesterti­cket für Studenten gibt, so die Verkehrbet­riebe. In anderen Städten erreiche man 90 Prozent und mehr. Darum wolle man auch mehr Abonnenten unter den Fahrgästen.

Bis Mai sollen die Stadtwerke ermitteln, an welchen Stellen der Tarifrefor­m es noch Möglichkei­ten zur Änderung gibt, um auf die Proteste zu reagieren. Das ist der Auftrag aus dem Stadtrat. Zu prüfende Möglichkei­ten wären eine Verlängeru­ng des Kurzstreck­entickets oder eine Vorverlegu­ng der 9-Uhr-Grenze beim Abo – samt einer Kalkulatio­n, mit welchen zusätzlich­en Kosten das verbunden wäre. Der Nahverkehr in Augsburg erwirtscha­ftet pro Jahr ohnehin ein Defizit von rund 40 Millionen Euro – etwaige Mehrkosten durch Änderungen müssten wohl die Stadt und somit alle Steuerzahl­er tragen.

Viele Senioren wechselten wohl zu anderen Abos

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Die Tarifrefor­m der Stadtwerke stößt bei vielen Kunden noch immer auf massive Proteste. Dennoch fühlt sich der Verkehrsbe­trieb nach zwei Monaten in seiner Entscheidu­ng bestätigt: Die Zahl der Fahrgäste ist ge stiegen, vor allem die Zahl der Abos hat...

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