Gemeinsam wandern
Demente Menschen sind häufig noch fit. Dennoch scheuen ihre Angehörigen oft Ausflüge oder Spaziergänge mit ihnen. Ein neues Angebot möchte ihnen helfen
Angehörige von Menschen, die an Demenz erkrankt sind, kennen diese Situation: Ihr Partner, ihr Vater oder ihre Mutter ist körperlich noch so rüstig, dass Unternehmungen möglich wären. Doch die Aussicht, mit dem Altersverwirrten in eine peinliche Situation zu geraten, hält sie vor Ausflügen zurück. Die Folge: Sowohl der Demente als auch der Angehörige ziehen sich vom gesellschaftlichen Leben zurück.
Die Alzheimer-Gesellschaft Augsburg will dieser Isolation entgegenwirken: Seit geraumer Zeit bietet die Selbsthilfeorganisation Veranstaltungen für diesen Personenkreis an. Vorsitzender Jens Schneider nennt ökumenische Gottesdienste, Museumsbesuche und einen musiktherapeutischen Singkreis.
Gerade mit letzterem habe der Verein sehr gute Erfahrungen gemacht. „Menschen mit Demenz kennen häufig alte Liedertexte auswendig“, sagt er.
Jetzt gibt es ein weiteres Angebot: Jeden zweiten Donnerstag bietet die Alzheimer-Gesellschaft zusammen mit der städtischen Fachstelle Seniorenarbeit Ausflüge an. „Unterwegs – ein Spaziergang für Senioren und Menschen mit Demenz“sind die Wanderungen betitelt. Angesprochen fühlen sollen sich laut Schneider nicht nur Verwirrte und ihre Angehörigen, sondern auch ältere Menschen, die sich anspruchsvolle längere Wanderungen – wie sie mittwochs von der Seniorenfachstelle angeboten werden – nicht mehr zutrauen.
Die Probeläufe, die bereits stattgefunden haben, machen den Organisatoren Mut. „Wir haben festgestellt, dass sowohl die Dementen als auch ihre Angehörigen neue Gesprächspartner finden“, so Schneider. Dadurch könne nicht nur der Angehörige einmal durchschnaufen. Auch für den Erkrankten seien die Ausflüge positiv. „Durch die Kombination aus Bewegung, neuen Menschen und einer neuen Umgebung werden die kognitiven Fähigkeiten verbessert oder das Fortschreiten der Krankheit zumindest verlangsamt.“
Die Teilnahme ist einfach. Jeden zweiten Donnerstag treffen sich die Ausflügler um 10 Uhr an einem gut erreichbaren Ort, in der Regel an einer Straßenbahnhaltestelle. Der nächste Spaziergang am 22. März beginnt an der Afrabrücke (Linie 6). Von dort geht es zu Hochablass und Kuhsee. Gegen 12 Uhr wird in die Hochablass-Gaststätte eingekehrt. Ein Mittagessen – oder auch mal ein Picknick – sind immer Bestandteil. Denn auch Lokalbesuche würden mit dementen Angehörigen meist vermieden, weiß Schneider.
Anmelden müssen sich Teilnehmer für die Wanderungen nicht. Sie sollten pünktlich am Treffpunkt sein und die Gebühr von einem Euro passend sowie Personalausweis und Versichertenkarte dabei haben. Neben Schneider sind noch einige weitere Helfer dabei, die sich gegebenenfalls auch um Nachzügler kümmern können. Der Organisator bittet allerdings darum, dass Demenzkranke von einem Angehörigen begleitet werden.
Schneider, mittlerweile selbst Ruheständler, ist mit dem Thema Demenz auch in seinem Berufsleben in Berührung kommen: Er führte viele Jahre eine Apotheke. Generell rät er Angehörigen, mit dem Thema offensiv umzugehen. „Wenn Sie mit den Betroffenen in einem Lokal oder im Supermarkt sind, nehmen sie die Bedienung zur Seite oder stecken sie der Kassierin einen Zettel zu mit der Information, dass ihre Mutter oder ihr Partner sich vielleicht sonderbar oder umständlich verhält.“In den meisten Fällen reagierten die Angesprochenen positiv. Und es sei wieder ein Schritt aus der Isolation geschafft.
OTermine Auf der Internetseite www.alzheimer augsburg.de sind unter der Rubrik „Termine“die Wanderungen bis Mitte Juli mit detaillierter Route aufgeführt. Nach einer Sommerpause soll es im Frühherbst weitere Veranstaltun gen geben.