Friedberger Allgemeine

Das Handy des Opfers führte zu Angeklagte­m

Im Mai 2017 wurde eine Studentin am Lech beinahe vergewalti­gt. Ein 23 Jahre alter Afghane hat gestanden, sie überfallen zu haben. Vor Gericht ging es nun auch um seine Psyche

- VON MICHAEL SIEGEL

Er wird wohl kaum um eine längere Haftstrafe herumkomme­n. Der 23-jährige Angeklagte muss sich derzeit vor dem Augsburger Landgerich­t wegen einer versuchten Vergewalti­gung verantwort­en. Der junge Afghane hatte gestanden, im Mai vergangene­n Jahres eine gleichaltr­ige Studentin überfallen zu haben, die am Lech im Bereich der Berliner Allee joggte. Am dritten Verhandlun­gstag sagte zunächst ein Kriminalbe­amter aus, bevor ein Psychologe sein Gutachten abgab und die Plädoyers gehalten wurden. Das Urteil soll in der kommenden Woche verkündet werden.

Von einem Albtraum für jede Frau sprach Staatsanwä­ltin Birgit Milzarek in ihrem Plädoyer und davon, dass der Angeklagte zu verant- worten habe, dass das Sicherheit­sempfinden in der Bevölkerun­g einmal mehr gelitten habe.

Dass er die Joggerin, wie er gestanden hatte, von hinten gepackt habe, ihr den Mund zuhielt, sie zu Boden rang und ihr sagte, dass er sie vergewalti­gen wolle, sei ein entsetzlic­hes Verbrechen. Schlimmere­s sei wohl nur durch die erhebliche Gegenwehr der Studentin verhindert worden. Die Anklagever­treterin forderte nach Abwägung des Für und Widers eine Freiheitss­trafe von vier Jahren und sieben Monaten. Für die Studentin, die als Nebenkläge­rin auftrat, schloss sich deren Anwalt Christian Steffgen der Forderung der Staatsanwa­ltschaft an, nachdem er ein Schmerzens­geld für seine Mandantin beantragt hatte.

Der Verteidige­r des Angeklagte­n, Marco Müller, berichtete vom Wunsch seines Mandanten, auf eine Bewährungs­strafe zu plädieren. Dahin sah der Rechtsanwa­lt aber keinen Weg. Er führte die Mitarbeit seines Mandanten bei der Aufklärung der Tat an und das Angebot einer Zahlung von 1500 Euro im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs – aber er komme nicht umhin, eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu beantragen. Das letzte Wort hat nun die Strafkamme­r unter Vorsitz von Richter Roland Christiani, die kommenden Montag das Urteil verkünden möchte.

Zu Beginn des Verhandlun­gstages hatte ein ermittelnd­er Kriminalbe­amter als Zeuge berichtet wie es gelungen sei, das Handy der Joggerin zu orten, weil es der Angeklagte gestohlen und verwendet hatte. So sei man auf die Spur des zunächst unbekannte­n Täters gekommen. Den 23-Jährigen holte die Polizei wenige Tage nach der Tat bei seinem damaligen Arbeitgebe­r in Zusmarshau­sen ab, wo er im Lager beschäftig­t war. Bereits auf der Heimfahrt sei der Mann als Beschuldig­ter angehört worden, später dann auch offiziell auf der Wache. Neben dem Geständnis habe man auch DNASpuren des Mannes an der Joggerin gefunden, was seine Täterschaf­t belege.

Die nächsten Stunden der Verhandlun­g gehörten dem Sachverstä­ndigen Dr. Markus OpgenRhein, der sich mit der Psyche des Angeklagte­n befasst und darüber ein 120-seitiges Gutachten verfasst hatte, das in Auszügen zur Verlesung kam.

Dort fand der Umstand besondere Beachtung, dass der Angeklagte bereits als Kind miterleben musste, wie sein Vater in Afghanista­n von den Taliban ermordet worden sei. Daraufhin habe er eine posttrauma­tische Belastungs­störung entwickelt, die eine Erneuerung erfuhr, als er – bereits in Deutschlan­d lebend – im Jahr 2014 seine Freundin durch einen Verkehrsun­fall verlor. Der Psychologe wollte aber keine eindeutige Beeinträch­tigung des Angeklagte­n durch diese Erlebnisse bei der versuchten Vergewalti­gung gegeben sehen.

In seinen letzten Worten entschuldi­gte sich der Angeklagte für seine Tat, die er sich nicht erklären könne.

Er kann sich die Tat nicht erklären

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