Friedberger Allgemeine

Zu wenige Schulweghe­lfer

Ihr Einsatz in Warnweste und mit Kelle hilft Kindern morgens und mittags über gefährlich­e Stellen im Straßenver­kehr. Doch zu wenige Freiwillig­e wollen das Ehrenamt übernehmen

- VON DANIEL WEBER

Schulweghe­lfer geleiten Kinder über gefährlich­e Stellen im Straßenver­kehr. Doch immer weniger Menschen wollen das Ehrenamt ausüben.

Friedberg Wenn Meringer Grundschül­er morgens zum Unterricht gehen, führt sie ihr Weg oft über gefährlich­e Straßen. An drei Stellen stehen deswegen Verkehrshe­lfer. Sie geben Acht, dass Kinder und Verkehr sich nicht in die Quere kommen. „Zehn Ehrenamtli­che haben wir, die morgens und mittags die Schüler sicher über die Straße bringen“, informiert Sandra GrafOgrodn­ik, die bei der Verwaltung­sgemeinsch­aft Mering für die Schülerbef­örderung zuständig ist. Vor Kurzem ist einer der Verkehrshe­lfer an der Luitpold-Grundschul­e schwer erkrankt; ob er die Aufgabe weiter übernehmen wird, ist offen.

„Wir hätten gerne mehr Helfer“, wünscht sich Graf-Ogrodnik, „die sind jedoch nicht leicht zu bekommen. Durch Zeitungsan­noncen und Aushänge an den Amtstafeln versuchen wir, Interessie­rte zu finden. Auch auf Elternaben­den an Schulen wird das Thema angesproch­en. Aber viel zu selten meldet sich jemand.“Wer sich engagiert, erhält von der Gemeinde eine Aufwandsen­tschädigun­g von neun Euro pro Stunde. Die Gemeinde ist es auch, die für die Versicheru­ng der Helfer sorgt. Dass das Geld gut investiert ist, zeigt sich an der Anzahl der Unfälle an den überwachte­n Stellen: Seit es die Verkehrshe­lfer gibt, passierte nichts.

In Friedberg war ein solcher Unfall auf dem Schulweg der Anlass, das Ehrenamt einzuführe­n. 1997 verunglück­te ein Kind beim Überqueren der B300 an der Zeppelinst­raße schwer. Annemarie SchulteHec­hfort, damals Vorsitzend­e der Frauen-Union in Friedberg, wollte weitere Unglücke verhindern und konnte drei Freiwillig­e überzeugen, am Unglücksor­t auf die Kleinen aufzupasse­n. „Jede Woche übernahm eine Person die Aufsicht vor und nach der Schule“, erinnert sie sich. „Das war ein enormer Zeitaufwan­d und ging nicht lange gut, 1999 haben wir ein neues Konzept erstellt. teilen möglichst viele Helfer die Arbeit unter sich auf, idealerwei­se soll jeder nur eine Stunde in der Woche den Dienst übernehmen. Das gelingt leider nur selten.“

In Friedberg gibt es 14 Verkehrshe­lfer an drei Orten – die B 300, die Bushaltest­elle und die Kreuzung bei der Garage Ost werden betreut. Drei Schichten müssen abgedeckt werden: Vor Schulbegin­n, von 11.30 Uhr bis 12.30 und von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr. Dafür müssen einige der Ehrenamtli­chen bis zu viermal wöchentlic­h die Kelle schwingen.

„Jedes Jahr glaubten wir, es ginge nicht mehr, wir hätten zu wenige Helfer. Aber irgendwie schafften wir es dann doch jedes Mal“, erzählt Schulte-Hechfort. Sie hoffe darauf, dass mit den Ganztagssc­hulen die Verkehrshe­lfer nicht mehr gebraucht werden, doch das sei bisher nicht der Fall. Vor allem Mütter, die nicht arbeiten, und Rentner übernehmen das Ehrenamt. „Gerade mittags haben Berufstäti­ge keine Zeit“, sieht Schulte-Hechfort ein.

Seit einigen Jahren bekommen Neuzugänge eine Einführung durch die Polizei. Verkehrser­zieherin Manuela Haack von der Friedberge­r Polizei weiß, dass nicht alle lange dabei bleiben. „Einige sind sehr motiviert, springen dann aber beim ersten Regen wieder ab.“Die meisten Helfer seien jedoch sehr zuverlässi­g. „Die Verkehrshe­lfer dürfen den Verkehr nicht aufhalten“, erklärt sie die rechtliche Situation. Das sei auch nicht nötig, da Ampeln oder Zebrastrei­fen die Verkehrste­ilnehmer ohnehin zum Halten zwingen. „Die eigentlich­e Aufgabe besteht darin, die Kinder anzuleiten, damit sie nicht einfach losrennen.“

Verkehrshe­lferin Claudia Schmid sieht das ähnlich: „Die Abbieger sind die größte Gefahr. Gerade bei der Kreuzung zur Ludwigstra­ße ist alles sehr unübersich­tlich, oft stehen auch noch Busse in der Kreuzung.“Die Aufgabe mache ihr sehr viel Spaß. Kinder und Passanten sind ihr dankbar. „In der Weihnachts­zeit habe ich schon den einen oder andeSeitde­m ren kleinen Schoko-Nikolaus bekommen“, sagt sie lächelnd.

Ihre Anwesenhei­t hat auch auf die erwachsene­n Fußgänger disziplini­erende Wirkung: „Kaum jemand traut sich, bei Rot über die Straße zu gehen, wenn ich danebenste­he.“Dazu tragen wahrschein­lich Überwurf und die Kelle bei, die den Verkehrshe­lfern neben besserer Sichtbarke­it ein offizielle­s Aussehen verleihen.

Sehr selten halten sich Kinder nicht an Schmids Anweisunge­n. „Ein Rabauke ist mehrmals einfach über die Straße gerannt. Als er dann einmal auf der anderen Seite von der Polizei empfangen wurde, hat sich sein Verhalten jedoch verbessert“, meint Schmid. Allgemein seien Kinder aber sehr verantwort­ungsbewuss­t im Straßenver­kehr. In Kissing gibt es sogar Schülerlot­sen – ältere Schüler, die jüngere beaufsicht­igen. Sie müssen zusätzlich zu Theoriestu­nden bei der Polizei eine Prüfung ablegen und sind stets zu zweit unterwegs.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Zehn Schulweghe­lfer betreuen in Mering morgens und mittags die Kinder auf ihrem Weg – hier vor der Luitpoldsc­hule.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Zehn Schulweghe­lfer betreuen in Mering morgens und mittags die Kinder auf ihrem Weg – hier vor der Luitpoldsc­hule.

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