Fußball als Albtraum
Mertesacker löst Debatte über Leistungsdruck im Profibereich aus
Berlin Weltmeister Per Mertesacker ist mit seinen beklemmenden Erlebnissen durch den hohen Leistungsdruck im Profifußball nicht allein. Auch für den Portugiesen André Gomes ist der Fußball zu einem Albtraum geworden. Dabei spielt Gomes mit den besten Fußballern der Welt in einer Mannschaft: Beim FC Barcelona steht er in einem Team mit Lionel
Messi, in der Nationalelf spielt er zusammen mit Cristiano Ronaldo. „Die ersten sechs Monate nach meinem Wechsel zu Barça waren ziemlich ruhig, danach brach ein wenig die Hölle über mich herein“, offenbarte der Europameister in einem Interview der Zeitschrift
Der 24-Jährige wird von den Barça-Fans ständig ausgepfiffen, weil er nicht die Leistungen bringt, die man sich von ihm erhofft hatte. „Ich fühle mich auf dem Platz nicht wohl, denn ich zeige nicht das, was ich kann“, berichtete Gomes. „Meine Freunde sagen, ich spiele mit angezogener Handbremse.“Dabei steht Trainer Ernesto Valverde trotz der Pfiffe hinter dem Portugiesen.
„Mit dem Druck von außen kann ich durchaus leben. Womit ich nicht gut leben kann, ist der Druck, den ich mir selbst auferlege. Ich bin zu selbstkritisch und perfektionistisch. Ich kann es nicht hinnehmen, Fehler zu machen.“Nach einem Bericht der Zeitung will Gomes die Hoffnung nicht aufgeben, in Barcelona doch noch Erfolg zu haben. Per Mertesacker hatte sich im ganz ähnlich geäußert und von Brechreiz und Durchfall vor jedem seiner inzwischen rund 500 Spiele als Profi gesprochen. „Der Druck hat mich aufgefressen. Dieses ständige Horrorszenario, einen Fehler zu machen, aus dem dann ein Tor entsteht“, sagte Mertesacker im Rückblick auf das Sommermärchen 2006. Inzwischen sind auch einige deutsche Fußballer Mertesacker zur Seite gesprungen. So sprach ExProfi Marcell Jansen dem 33-Jährigen in der die Vorbildfunktion zu, die ihm Lothar Matthäus noch abgesprochen hatte. Eintracht-Frankfurt-Verteidiger Marco Russ sagte, dass der Druck in den vergangenen Jahren enorm zugenommen habe. „Dann kommen natürlich noch die Medien wie Instagram und Facebook dazu, wo Leute anonym ihren Schrott ablassen können und teilweise schon unter die Gürtellinie gehen“, sagte Marco Russ. Das gehe an jungen Spielern nicht so einfach vorbei.
Genau deshalb hält es Ulf Baranowsky von der Spielervereinigung VDV für wichtig, dass schon in den Nachwuchsleistungszentren eine entsprechende psychologische Betreuung stattfindet. Es sei wichtig, den jungen Spielern den Umgang mit dem Leistungsdruck beizubringen, ihnen zu zeigen, was im Profifußball auf sie zukommt. Und ihnen womöglich auch einen Plan B zum Fußball aufzuzeigen. In den Nachwuchsleistungszentren ist laut Baranowsky die psychologische Betreuung verpflichtend, im Profi-Bereich aber nicht.
● Medaillenträchtiger Dienstag Damit holte der Deutsche Behindertensportverband am Dienstag fünf Medaillen – so viele wie an den ersten drei Tagen zusammen. Alle zehn bisherigen Medaillen gewannen übrigens Frauen, die deutschen Männer gingen bisher wie schon während der gesamten Spiele 2014 in Sotschi leer aus.
● Curler verlieren Die deutschen Rollstuhl-Curler haben gegen Schweden verloren. Das Team um Skip Christiane Putzich aus Füssen unterlag mit 5:9. Trotz der Niederlage ist Deutschland auf einem guten Weg ins Halbfinale. Die Mannschaft von Bundestrainer Bernd Weißer hatte zuvor in fünf Spielen vier Siege gefeiert. Die besten vier der zwölf teilnehmenden Mannschaften erreichen das Halbfinale.
● Rekord Verkauf Die Winter-Paralympics in Pyeongchang haben einen Zuschauer-Rekord aufgestellt. 320531 Tickets wurden nach Angaben der Veranstalter bis zum Dienstag verkauft. Damit wurde die Bestmarke von 316200 Eintrittskarten von vor vier Jahren in Sotschi überboten. Im Vergleich zu den Spielen 2006 in Turin (162974) hat sich die Besucherzahl fast verdoppelt. Die beste Auslastung verzeichnete das Organisationskomitee beim Curling-Spiel von Gastgeber Südkorea gegen Kanada am Montagmittag mit 86 Prozent.