Friedberger Allgemeine

Lieder und Fingerschn­ippen in St. Agnes

Verein Live Music Now begeistert im Seniorenze­ntrum. Er hat ein besonderes Konzept

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Mering Rund zwei Dutzend Bewohner des Seniorenze­ntrums St. Agnes sitzen in dem gemütliche­n Café im Erdgeschos­s. Gespannt warten sie auf das Klassik-Erlebnis mit Stipendiat­en des Augsburger Vereins Live Music Now (LMN).

„Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude“– das war eine prägende Erfahrung des weltberühm­ten Geigers Yehudi Menuhin. Dieser Gedanke liegt dann auch der von ihm 1977 in Großbritan­nien gegründete­n Organisati­on LMN zugrunde, die die Überzeugun­g vermittelt, dass Musik auch Therapie ist. Der Verein entsendet Studierend­e von Musikhochs­chulen zu Menschen, die selber nicht zur Klassik kommen können: In Seniorenhe­ime, Krankenhäu­ser, Schulen für Behinderte, Gefängniss­e, psychiatri­sche Kliniken oder auch Flüchtling­sunterkünf­te.

Es ist Hausmusik im edelsten Sinn des Wortes, die den Zuhörern oft neuen Lebensmut schenkt. Maria Bradl, die neue Pflegedien­stleiterin von St. Agnes und ihre Assistenti­n Daniela Eberhardt, begrüßen die drei jungen Musiker der LMN, das Trio „Weischjase­l“, und freuen sich, dass so viele Menschen das Konzert genießen. Sabine KühnlCilib­erto, die stellvertr­etend die LMN-Organisati­on übernommen hat, erzählt, dass auch sie als Flötistin einmal Stipendiat­in der LMN gewesen sei und heute als künstleris­che Beraterin und Jurorin beim LMN-Verein in Augsburg tätig ist.

Menuhin, der 1916 geborene Geiger und Humanist, hatte in jungen Jahren sehr viel Elend und Grauen erlebt, und entwickelt­e eine Vision: Musik als Trost für alle, die mühselig und beladen sind. Der Virtuose selber hatte in den vierziger Jahren in Lazaretten und vor Kriegsgefa­ngenen konzertier­t. Das Projekt „Live Music Now“startete Menuhin 1977 in London.

Bald kamen europaweit Ableger hinzu, vor 16 Jahren auch in Augsburg. „Bei ihren Auftritten moderieren unsere Stipendiat­en sich stets selber“, erklärt Sabine Kühnl-Ciliberto. So erzählt Violinisti­n Viona Schwaiger auf charmante Weise ein wenig über die Stücke. Sie erklärt den älteren Damen und Herren: „So was spielt man heute in der Disco.“Die Zuhörer sitzen da, klatschen, manche wippen mit den Füßen im Takt.

Während Geige, Cello und Kontrabass erklingen, herrscht aber eine fast schon andächtige Ruhe. Da ist sie wieder, die Macht der Musik. Die drei Musiker haben Liedtexte kopiert und verteilt. Abwechseln­d mit den klassische­n Stücken erklingen alte Volksweise­n wie „Die Gedanken sind frei“. Das Publikum singt mit – anfangs noch verhalten, dann aber mit wachsender Begeisteru­ng. Vor der Türe des Cafés bleiben sogar Pflegekräf­te stehen, um zu lauschen.

Kontrabass­ist Sven Rexhausen setzt sich abschließe­nd ans Klavier und spielt mit seinen Mitmusiker­n „Fly me to the moon“. Ein Jazzstanda­rd in seiner Vollendung. Auch die Frauen und Männer in St. Agnes scheinen das zu spüren. „Des is schön, was die machen“, klingt es aus den hinteren Reihen. „Deswegen sind wir bei LMN: Wir können den Menschen wirklich etwas geben“, fasst Cellist Dimitris Lampos den Nachmittag zusammen.

 ?? Foto: Christine Hornischer ?? Violinisti­n Viona Schwaiger, Kontrabass­ist Sven Rexhausen und Cellist Dimitris Lampos sorgen mit viel Freude dafür, dass die Senioren in St. Agnes einen denkwür digen musikalisc­hen Nachmittag erleben dürfen.
Foto: Christine Hornischer Violinisti­n Viona Schwaiger, Kontrabass­ist Sven Rexhausen und Cellist Dimitris Lampos sorgen mit viel Freude dafür, dass die Senioren in St. Agnes einen denkwür digen musikalisc­hen Nachmittag erleben dürfen.

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