Die einen lieben, die anderen essen
Der Mensch hat ja zu vielen Dingen irgendwie ein gespaltenes Verhältnis. Und er macht oft Dinge, die eigentlich nicht so recht zusammenpassen. Er will saubere Luft – und setzt sich wegen jedem Kilometer in seinen Spritfresser. Er will Läden vor Ort – und kauft alles im Internet. Sehr schön kann unser oft widersprüchliches Dasein auch an unserem Verhältnis zu Tieren beobachtet werden. Viele – Vegetarier und Veganer natürlich ausgeschlossen – sehen beispielsweise vermutlich gar keinen Widerspruch darin, wenn sie ihren Lieblingsvierbeiner kraulen und gleichzeitig in eine Leberkässemmel beißen. Das eine Tier liebt man eben, das andere isst man. Merkwürdig ist ja auch, dass manche Tiere einfach ein gutes Image haben – etwa das sanfte Reh. Andere haben ein schlechtes – etwa der böse Wolf.
Kurios aber ist unser Verhältnis auch zu Tauben. Weiße turtelnde Täubchen finden sich auf Hochzeitskarten, stehen für Treue und tiefe Liebe. Auch literarischen Weltruhm erlangten sie schon. Schrieb doch Patrick Süskind vor einigen Jahren „Die Taube“. Nicht zu vergessen ist hier Picassos weltberühmte Taube. Ein Symbol für den Frieden. Und sogar ein Symbol für den Heiligen Geist ist sie. Von diesem Heiligenschein kann freilich die gemeine graue Stadttaube nur träumen. Zumal sie, gerade wenn sie in Massen auftritt, tatsächlich Hygieneprobleme bereitet und zur Last wird. In vielen bayerischen Städten ist dies offensichtlich schon der Fall – von anmutigen Friedenstäubchen ist dort keine Rede mehr, schon eher von fliegenden Ratten.
Ja, der Mensch kann offensichtlich vieles einfach ausblenden. Dekoriert er Turteltäubchen, denkt er nicht an graue Stadttauben. Sitzt er im Auto, denkt er nicht an Luftverschmutzung. Isst er Schnitzel, denkt er nicht ans Schwein.