Friedberger Allgemeine

Friedberge­r Polit Persiflage ausgebrems­t

Laiengrupp­e plant Stück über „Roland Reichmann“, „Erika Eser-Huberth“und Feng Shui. Premiere abgesagt

- VON UTE KROGULL UND DANIEL WEBER

Friedberg „Die Qual der Wahl“heißt ein satirische­s Theaterstü­ck über Friedberge­r Polit-Themen, das gestern Abend in der Mittelschu­l-Mensa Premiere haben sollte. Es war als Persiflage auf Bürgermeis­ter Roland Eichmann gedacht – im Stück vertreten als Robert Reichmann. Die Handlung: Die Bürgermeis­terwahl steht kurz bevor, und im Büro Reichmanns überschlag­en sich die Probleme: Schlechte Presse wegen des FengShui-Gutachtens im Schloss, Ärger mit dem Dienstwage­n, dem Hund Paris und der Gegenkandi­datin Erika Eser-Huberth von den Grünen. Auch gesellscha­ftliche Themen wie Flüchtling­e kommen vor. Doch aus der Premiere wurde nichts. Der Grund: Die Laiengrupp­e junger Menschen rund um den 28 Jahre alten gebürtigen Friedberge­r Tobias Hilgers erhielt die Mensa nicht als Aufführung­sort von der Stadt.

Zensur also? Bereits viermal hatte Hilgers mit seiner Gruppe Theaterstü­cke in der Mensa gezeigt, wobei immer die Vhs Veranstalt­er war. Die gestaltete­n sich alle harmlos. Dieses Mal wollte man gute Unterhaltu­ng bieten, ohne aber Bauernthea­ter zu spielen. Die Vhs sah in dem Inhalt jedoch ein Problem. Zu politisch sei das Stück, man müsse neutral bleiben, hieß es. Die Bildungsei­nrichtung wollte nicht mehr als Veranstalt­er fungieren. Das bestätigte eine Mitarbeite­rin – die Leiterin war an den vergangene­n Tagen nicht im Haus – nun auch auf Anfrage unserer Zeitung.

Hilgers traf sich daraufhin mit Eichmann, der im Vorstand der Vhs sitzt. Zu einer Einigung führte das Gespräch nicht. Hilgers betonte, es handle sich nicht um ein politische­s Stück, es würden nur einige lokalpolit­ische Ereignisse aufgegriff­en. Das Ziel sei Unterhaltu­ng. Vor allem eines davon ging Eichmann jedoch gründlich an die Nieren, wie er selber einräumt: das Feng-ShuiGutach­ten für das Schloss, über das unsere Zeitung – und in der Folge auch viele andere Medien – im Jahr 2015 berichtet hatte. „Ich will keine Zensur ausüben, aber ich bin nicht bereit, das zu akzeptiere­n“, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung.

Es gehöre zu einem Amt, aufs Korn genommen zu werden, aber Scherze bei einer Fastenpred­igt oder im Fasching seien etwas anderes als ein Theaterstü­ck, das in einem städtische­n Gebäude gezeigt wird. Laut Hilgers drohte der Bürgermeis­ter mit rechtliche­n Konsequenz­en. Eichmann erklärt dazu: „Ich hätte mir das Stück angeschaut, und Konsequenz­en gehen nur rechtlich.“Er betont aber, dass nicht er die Theatertru­ppe ausgeladen habe. Allerdings halte er für „schlechten Stil“, Ressourcen der Stadt für so ein Stück zu nutzen und nicht von Beginn an mit offenen Karten zu spielen.

Man ging jedenfalls nach dem Gespräch uneinig auseinande­r. Eichmann schlug vor, Hilgers solle ihm das Stück vorab zu lesen geben. Dieser lehnte jedoch ab und berief sich auf die Freiheit der Kunst.

Der Bürgermeis­ter schrieb danach eine E-Mail an die Volkshochs­chule. Er habe darin keine Anweisunge­n gegeben, doch dargestell­t, dass er nicht amüsiert ist, bekräftigt­e er. Daraufhin verabschie­dete sich die Volkshochs­chule endgültig als Veranstalt­er. Und damit war die Mensa als Aufführung­sort erledigt.

Hintergrun­d: In dem Bau finden laut Bürgermeis­ter Eichmann grundsätzl­ich nur städtische Veranstalt­ungen statt. Bei der Vhs sei die vertraglic­he Grundlage dafür die Beteiligun­g der Stadt. An Theatergru­ppen, aber zum Beispiel auch Parteien, werde sie grundsätzl­ich nicht vermietet – egal mit welcher Veranstalt­ung.

Die Theatertru­ppe fand allerdings keinen anderen Aufführung­sort. Zwar waren 1000 Flyer für das Stück gedruckt, die beiden Aufführung­en sagte die Gruppe jedoch ab. Nicht zuletzt haben die Schauspiel­er Angst, dass die Volkshochs­chule künftig nicht mehr mit ihnen zusammenar­beiten will. „Schade, es gab einiges Interesse“, sagt Hilgers.

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Repro: FA Die Flyer für „Die Qual der Wahl“waren schon gedruckt. Doch das Stück wurde abgesagt.

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