Friedberger Allgemeine

„Vaterschaf­tstest“für Waldbäume

Seit 15 Jahren zertifizie­rt der Verein ZüF Saatgut für einen anpassungs­fähigen Wald

- VON MARTIN GOLLING

Aichach Friedberg Ein Vaterschaf­tstest für Waldbäume? Da denkt der Laie: Wer kommt denn auf so einen Unsinn? Wer sich aber bewusst jene Flächen zeigen lässt, die nach den Stürmen Wiebke und Vivian Ende Februar beziehungs­weise Anfang März 1990 schnell wieder aufzuforst­en waren, der kann den Ärger vieler Waldbauern verstehen. Bald ist es 30 Jahre her, dass die beiden Stürme wüteten, und manches, was damals in den Waldboden kam, taugt eine Menschenge­neration später nur als Brennholz.

„Das kommt davon, wenn man den Samen für Waldkirsch­en beim Marmeladen­hersteller bezieht“, war deshalb auf der Jubiläumsv­eranstaltu­ng von ZüF (Zertifizie­rung für überprüfba­re Forstliche Herkunft Süddeutsch­land e. V.) gestern mehrfach zu hören. Etwa 50 Personen waren gekommen, um im Wald von Marian von Gravenreut­h bei Griesbecke­rzell (Stadt Aichach) den 15. Geburtstag von ZüF zu feiern.

Oben auf einem Hügel blickt das Auge auf einen lichten Fichten- und Kiefernalt­bestand, der, gut durchsetzt von jungen Buchen und Fichtennat­urverjüngu­ng, einen idealen, anpassungs­fähigen Zukunftswa­ld abgibt. Nun soll auch die Schattbaum­art Weißtanne hier Wurzeln schlagen. Das Pflanzgut hierfür ist – selbstvers­tändlich – ZüF-zertifizie­rt.

Forstminis­ter Helmut Brunner sagt: „Wir haben allein in den letzten fünf Jahren über unsere waldbaulic­hen Förderprog­ramme den Umbau von 31000 Hektar hin zu klimatoler­anten Wäldern gefördert.“Er weist darauf hin, dass 2017 mit der Waldbauoff­ensive der Bayerische­n Forstverwa­ltung beschlosse­n wurde, weitere 200 000 Hektar standortsw­idrige Nadelbestä­nde in klimaneutr­ale Mischbestä­nde umzuwandel­n.

Reinhold Sailer verwies als ZüFVorsitz­ender auf die wichtigste­n Kriterien, die Forstfachl­eute vor 20 Jahren schon über die Zertifizie­rung von Pflanzgut nachdenken ließen: Einerseits habe es Zweifel an der Herkunftss­icherheit der Pflanzen gegeben. Zusätzlich sei auch aufgrund der Wiebke-Erfahrunge­n das Vertrauen in die Baumschulb­ranchen angekratzt gewesen. „Es bestand bei den Anbietern auf dem Pflanzenma­rkt zunehmend die Gefahr, dass der Ehrliche am Ende der Dumme ist“, brachte Sailer die damalige Situation auf den Punkt. So mussten die heimischen Baumschule­n befürchten, am internatio­nalen Markt unter die Räder zu kommen.

„Auf einer legendären Konferenz“, so Joachim Reis (Vorsitzend­er der Erzeugerge­meinschaft Qualitätsf­orstpflanz­en Süddeutsch­land e. V.), hatten Abnehmer, Forstverwa­ltungen und die süddeutsch­e Baumschulb­ranche eine länderüber­greifende Kooperatio­n unter Beteiligun­g der angewandte­n Wissenscha­ft beschlosse­n. Im September 2002 sei daraus ZüF als Verein gegründet worden. Höchste Zeit, denn seit 2005 gehört zertifizie­rtes Pflanzgut zu den Grundforde­rungen des PEFC (Paneuropäi­sche Forstzerti­fizierung).

Waldbesitz­er Marian von Gravenreut­h aus Affing erinnerte sich: „Was nach Wiebke, Vivian und Lothar als Saatgut kam, war nicht immer einwandfre­i. Damit dies nicht mehr passiert, brauchen wir ZüF.“Von Gravenreut­h dankte Forstminis­ter Brunner für seine „Konzentrat­ion“auf den Wald: „Dafür werden wir von allen anderen Bundesländ­ern beneidet.“

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