Wasserturm vor der Schließung bewahrt
Die Brandschutzrichtlinien in dem Bau, den Vereine und Volkshochschule nutzen, werden nicht erfüllt. Die Stadträte ringen sich zur Sanierung durch. Doch diese fordert schwere Opfer – auch für die Natur
Friedberg Seit den 1960er-Jahren wird der Friedberger Wasserturm als Jugend- und Vereinsheim genutzt. Erlaubt ist das im Grunde nicht; es liegen keine Genehmigungen für die Nutzung vor. Das soll jetzt nachgeholt werden – im Zug einer Modernisierung. Der Bau am Lehleweg wird für über 300 000 Euro saniert. Der größte Posten entfällt mit 216000 Euro auf Brandschutzmaßnahmen. Wie Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) im Bauausschuss des Stadtrates erklärte, müsste der Turm sonst sofort für die Nutzung durch Vereine und Volkshochschule geschlossen werden.
Denn es gibt bislang nur einen Rettungsweg – die Treppe im Inneren. Sollte dieser verraucht sein, müsse die Feuerwehr also die Menschen über Drehleitern retten. Daher müssen unter anderem eine Brandmeldeanlage eingebaut und eine zweite Feuerwehr-Anfahrtsfläche im Westen geschaffen werden. Im Bauausschuss des Stadtrates führte das zu einem Streit. Zumindest anfangs beruhte dieser auf einem Missverständnis. Die Verwaltung hatte nämlich für den Bau aus dem Jahr 1934 einen Vier-StufenPlan entwickelt: vom Brandschutz (216 000 Euro) über mittelfristig unvermeidbare Arbeiten wie Elektroinstallation (96 000 Euro), Modernisierung innen (etwa neue Leitungen und Heizköper) bis zu einer neuen, gedämmten Fassade (255 000 Euro). Die insgesamt fast 800 000 Euro wollte kein Stadtrat ausgeben. Doch auch über den Brandschutz gingen die Meinungen auseinander, zumal dafür fünf Bäume gefällt werden müssen, darunter eine große Walnuss und Kastanien.
So meinten Claudia Eser-Schuberth (Grüne) und Thomas Kleist (CSU), es müsse für die Mieter räumliche Alternativen geben, zum Beispiel in Schulen. „Es gibt in Friedberg zu wenige öffentliche Räume, aber der Turm ist als Vereinsheim ungeeignet“, argumen- tierte Eser-Schuberth. CSU und Grüne wollten der Sanierung daher anfangs nicht zustimmen. Jakob Eichele (FW) und Roland Fuchs (SPD) waren zwar für die Brandschutzsanierung. Fuchs bemängelte aber, dass die Stadt versäumt habe, für Alternativen zu sorgen. Da Behörden und Sachverständige seit 2016 mit dem Turm beschäftigt sind, fand auch Kleist es „traurig“, dass man keine anderen Möglichkeiten gefunden habe.
Grundsätzlich wurde Wolfgang Rockelmann (Parteifreie): „Wir müssen dringend über die Immobilien reden. Immer wieder erleben wir Überraschungen, bei denen uns nichts übrig bleibt als zuzustimmen.“Er schlug eine Außenfeuertreppe vor und recherchierte auf die Schnelle die Kosten für ein „Provisorium“, das ihm zufolge mindestens zehn Jahre halten würde: rund 60 000 Euro.
Eichmann und Finanzreferent Wolfgang Schuß mussten viel Überzeugungsarbeit leisten. Wie Schuß erläuterte, ist die Stadt bei den Vereinen und vor allem der Vhs vertraglich gebunden. Schon jetzt müsse man der Bildungseinrichtung Geld für die Anmietung von Räumen geben, weil man ihr keine zur Verfügung stellen kann. Das Problem sei, dass die Volkshochschule die Räume vormittags benötigt. Eichmann argumentierte, man solle sich nicht „in die Tasche lügen“. Es seien keine Räume da – und auch kein Geld, welche zu schaffen. Solche Projekte dauerten Jahre, und allein ein immer wieder diskutierter Umbau des NKD-Gebäudes an der Ludwigstraße koste mindestens sieben Millionen Euro. Und auch eine Außenfluchttreppe kostet ihm zufolge rund eine halbe Million Euro. Falle in der Sitzung kein Beschluss, müsse die Stadt den Turm am nächsten Tag zusperren.
Und so stimmten die Stadträte der Brandschutzsanierung zu – „zähneknirschend“, wie Kleist es formulierte. Sauer waren sie jedoch über die Vorgehensweise der Verwaltung, die Eser-Schuberth mit „friss, Vogel, oder stirb“umschrieb. Rockelmann kritisierte: „Das Schlimme ist die Alternativlosigkeit. Es heißt, macht es, oder wir müssen zusperren.“Alle waren aber schließlich für Feuerschutzmaßnahmen und – außer Eichele und EserSchuberth – für die mittelfristig unvermeidbaren Arbeiten.
Der Grünen-Politikerin tat es auch um die Bäume leid. „Sie machen hier ein Stück Friedberg kaputt“, schimpfte sie. Das sieht die Bürgerinitiative „Bäume sind genial“ebenso. Vor Ort sind schon Schilder befestigt. „Muss das sein, dass dieser tolle Baum gefällt wird?“, steht darauf.
Fünf Bäume müssen gefällt werden