Mehr Anerkennung für „Herzwerker“
Ministerin Melanie Huml wirbt beim Seniorentag in Dasing für ein besseres Image der anspruchsvollen Pflegeberufe
Aichach Friedberg Ein Gutachten soll Aufschluss darüber geben, wie viele Kurzzeitpflegeplätze es in den bayerischen Regionen gibt und aus welchen Gründen die Zahl der verfügbaren Plätze auch im Landkreis Aichach-Friedberg rückläufig ist. Das kündigte die bayerische Gesundheitsund Pflegeministerin Melanie Huml beim Seniorentag an, zu dem die Senioren-Union Aichach-Friedberg eingeladen hatte.
Die Ergebnisse dieses Gutachtens sollen voraussichtlich in einem Jahr vorliegen. Schon in wenigen Monaten will Huml ein neues Förderprogramm auf den Weg bringen, dessen Details gerade in Arbeit sind. „Ich stelle mir eine Ausgleichszahlung an die Betreiber der Kurzzeitpflege für die Zeit von Leerständen vor“, sagte sie. Denn, um ihr wirtschaftliches Risiko zu senken, wandeln manche Anbieter Kurzzeitplätze in dauerhafte vollstationäre Pflegeplätze um.
Außerdem will die Ministerin auf Bundesebene dafür werben, die finanziellen Rahmenbedingungen zur Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen zu verbessern. Sie verwies in Dasing unter anderem auf das neue Pflegestärkungsgesetz; es bringe nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für deren Angehörige Verbesserungen. Ausgebaut würden beispielsweise die sogenannten niederschwelligen Angebote. Sie dienten der stundenweisen Entlastung von pflegenden Angehörigen; dafür stehe ein Festbetrag zur Verfügung.
Auch gebe es mehr Geld zur Verbesserung des Wohnumfeldes, zum Beispiel einen Umbau des Badezimmers. Keine Nachteile würden die zu Pflegenden durch die Neueinteilung der Pflegebedürftigkeit erleiden. Statt bisher drei Pflegestufen gibt es jetzt fünf Pflegegrade; die bereits eingestuften Personen hätten jedoch Bestandsschutz, sagte Huml.
Offen sprach sie an, dass auch bei den Koalitionsvereinbarungen im Bund die Aufwertung der Pflege ein brisantes Themenfeld gewesen sei. So hätten sich die Teilnehmer für einen flächendeckenden Tarifvertrag starkgemacht und zusätzliche 8000 Stellen befürwortet. „Diese können aber nur ein erster Schritt für eine spätere Aufstockung sein.“
Während es Ende 2015 rund 2,9 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland gab, werden es im Jahr 2030 voraussichtlich 3,5 Millionen sein. Deshalb warb Huml beim Seniorentag für ein besseres Image des anspruchsvollen Pflegeberufs. Sie hielt es für wichtig, dass ihn künftig noch mehr Menschen ergreifen. „Dabei genügt es nicht, nur in den Beruf einzusteigen, sondern man muss auch dabei bleiben.“
Das bayerische Sozialministerium informiert mit der Initiative „Herzwerker für die Altenpflege“, welche Karrierechancen dieser Berufszweig bietet. Der Erfolg dieser Kampagne: „Seit dem Schuljahr 2009/2010 haben sich 34 Prozent mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Altenpflege entschieden.“
Wie Huml weiter sagte, wolle sie auch die Rolle der Kommunen in der Pflege stärken. Diese spielten nämlich eine wichtige Rolle in der Beratung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen sowie in der Organisation der örtlichen Hilfsund Betreuungsangebote. „Dadurch können ältere Menschen in den Orten gehalten werden.“
Ein wichtiges Ziel sei außerdem, die Pflegeberatung weiter zu verbessern. „Selbstbestimmtheit und Lebensqualität müssen dabei ganz oben stehen“, betonte Huml. In Bayern seien eine Demenzstrategie erstellt, Angebote zur Unterstützung im Alltag initiiert und eine Entbürokratisierung der Dokumentation vorangetrieben worden.
Für die Zukunft gehe es darum, den Fachkräftemangel zu beheben. Und: „Wir brauchen mehr gesellschaftliche Anerkennung für die Pflege – die lässt sich nicht verordnen.“Als schwieriges Problem sieht die Ministerin die hausärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten, denn in Bayern ist schon jeder dritte Hausarzt älter als 60 Jahre. „Neben dem hohen Nachwuchsbedarf haben wir auch ein Verteilungsproblem“, stellte die Ministerin fest. Rein rechnerisch gebe es zwar genügend Ärzte, in der Realität fehlten sie aber auf dem Land. Deshalb gebe es seit 2012 ein Förderprogramm, für das der Landtag bisher 38 Millionen Euro bereitgestellt habe.
„Aber nicht alle Maßnahmen, die etwas bewegen, müssen Geld kosten“, so Huml. Sie wolle mit einer Landarzt-Quote fünf Prozent der Medizinstudienplätze für solche Bewerber vorhalten, die mindestens für acht Jahre im ländlichen Raum arbeiten wollen.
Für die bayerischen Kliniken habe der Freistaat von 2007 bis 2016 rund 4,6 Milliarden Euro aufgebracht, sagte die Ministerin. „Das Krankenhaus Friedberg haben wir erfolgreich ausgebaut und modernisiert, den Ersatzneubau für Aichach unterstützt Bayern mit über 26 Millionen Euro.“Er soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Da derzeit keine Kliniken neu gebaut werden, soll Aichach zur Eröffnung die modernste Klinik Bayerns sein.