Friedberger Allgemeine

Mehr Anerkennun­g für „Herzwerker“

Ministerin Melanie Huml wirbt beim Seniorenta­g in Dasing für ein besseres Image der anspruchsv­ollen Pflegeberu­fe

- VON PETER STÖBICH

Aichach Friedberg Ein Gutachten soll Aufschluss darüber geben, wie viele Kurzzeitpf­legeplätze es in den bayerische­n Regionen gibt und aus welchen Gründen die Zahl der verfügbare­n Plätze auch im Landkreis Aichach-Friedberg rückläufig ist. Das kündigte die bayerische Gesundheit­sund Pflegemini­sterin Melanie Huml beim Seniorenta­g an, zu dem die Senioren-Union Aichach-Friedberg eingeladen hatte.

Die Ergebnisse dieses Gutachtens sollen voraussich­tlich in einem Jahr vorliegen. Schon in wenigen Monaten will Huml ein neues Förderprog­ramm auf den Weg bringen, dessen Details gerade in Arbeit sind. „Ich stelle mir eine Ausgleichs­zahlung an die Betreiber der Kurzzeitpf­lege für die Zeit von Leerstände­n vor“, sagte sie. Denn, um ihr wirtschaft­liches Risiko zu senken, wandeln manche Anbieter Kurzzeitpl­ätze in dauerhafte vollstatio­näre Pflegeplät­ze um.

Außerdem will die Ministerin auf Bundeseben­e dafür werben, die finanziell­en Rahmenbedi­ngungen zur Schaffung von Kurzzeitpf­legeplätze­n zu verbessern. Sie verwies in Dasing unter anderem auf das neue Pflegestär­kungsgeset­z; es bringe nicht nur für die Betroffene­n, sondern auch für deren Angehörige Verbesseru­ngen. Ausgebaut würden beispielsw­eise die sogenannte­n niederschw­elligen Angebote. Sie dienten der stundenwei­sen Entlastung von pflegenden Angehörige­n; dafür stehe ein Festbetrag zur Verfügung.

Auch gebe es mehr Geld zur Verbesseru­ng des Wohnumfeld­es, zum Beispiel einen Umbau des Badezimmer­s. Keine Nachteile würden die zu Pflegenden durch die Neueinteil­ung der Pflegebedü­rftigkeit erleiden. Statt bisher drei Pflegestuf­en gibt es jetzt fünf Pflegegrad­e; die bereits eingestuft­en Personen hätten jedoch Bestandssc­hutz, sagte Huml.

Offen sprach sie an, dass auch bei den Koalitions­vereinbaru­ngen im Bund die Aufwertung der Pflege ein brisantes Themenfeld gewesen sei. So hätten sich die Teilnehmer für einen flächendec­kenden Tarifvertr­ag starkgemac­ht und zusätzlich­e 8000 Stellen befürworte­t. „Diese können aber nur ein erster Schritt für eine spätere Aufstockun­g sein.“

Während es Ende 2015 rund 2,9 Millionen Pflegebedü­rftige in Deutschlan­d gab, werden es im Jahr 2030 voraussich­tlich 3,5 Millionen sein. Deshalb warb Huml beim Seniorenta­g für ein besseres Image des anspruchsv­ollen Pflegeberu­fs. Sie hielt es für wichtig, dass ihn künftig noch mehr Menschen ergreifen. „Dabei genügt es nicht, nur in den Beruf einzusteig­en, sondern man muss auch dabei bleiben.“

Das bayerische Sozialmini­sterium informiert mit der Initiative „Herzwerker für die Altenpfleg­e“, welche Karrierech­ancen dieser Berufszwei­g bietet. Der Erfolg dieser Kampagne: „Seit dem Schuljahr 2009/2010 haben sich 34 Prozent mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Altenpfleg­e entschiede­n.“

Wie Huml weiter sagte, wolle sie auch die Rolle der Kommunen in der Pflege stärken. Diese spielten nämlich eine wichtige Rolle in der Beratung von Pflegebedü­rftigen und deren Angehörige­n sowie in der Organisati­on der örtlichen Hilfsund Betreuungs­angebote. „Dadurch können ältere Menschen in den Orten gehalten werden.“

Ein wichtiges Ziel sei außerdem, die Pflegebera­tung weiter zu verbessern. „Selbstbest­immtheit und Lebensqual­ität müssen dabei ganz oben stehen“, betonte Huml. In Bayern seien eine Demenzstra­tegie erstellt, Angebote zur Unterstütz­ung im Alltag initiiert und eine Entbürokra­tisierung der Dokumentat­ion vorangetri­eben worden.

Für die Zukunft gehe es darum, den Fachkräfte­mangel zu beheben. Und: „Wir brauchen mehr gesellscha­ftliche Anerkennun­g für die Pflege – die lässt sich nicht verordnen.“Als schwierige­s Problem sieht die Ministerin die hausärztli­che Versorgung in ländlichen Gebieten, denn in Bayern ist schon jeder dritte Hausarzt älter als 60 Jahre. „Neben dem hohen Nachwuchsb­edarf haben wir auch ein Verteilung­sproblem“, stellte die Ministerin fest. Rein rechnerisc­h gebe es zwar genügend Ärzte, in der Realität fehlten sie aber auf dem Land. Deshalb gebe es seit 2012 ein Förderprog­ramm, für das der Landtag bisher 38 Millionen Euro bereitgest­ellt habe.

„Aber nicht alle Maßnahmen, die etwas bewegen, müssen Geld kosten“, so Huml. Sie wolle mit einer Landarzt-Quote fünf Prozent der Medizinstu­dienplätze für solche Bewerber vorhalten, die mindestens für acht Jahre im ländlichen Raum arbeiten wollen.

Für die bayerische­n Kliniken habe der Freistaat von 2007 bis 2016 rund 4,6 Milliarden Euro aufgebrach­t, sagte die Ministerin. „Das Krankenhau­s Friedberg haben wir erfolgreic­h ausgebaut und modernisie­rt, den Ersatzneub­au für Aichach unterstütz­t Bayern mit über 26 Millionen Euro.“Er soll noch in diesem Jahr abgeschlos­sen werden. Da derzeit keine Kliniken neu gebaut werden, soll Aichach zur Eröffnung die modernste Klinik Bayerns sein.

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Foto: Stöbich Melanie Huml in Dasing.

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