Friedberger Allgemeine

Bundesliga Brasiliane­r unter sich

Caiuby spielt für den FC Augsburg eine starke Saison. In Leverkusen trifft er auf einen Landsmann. Warum das gestrige Länderspie­l für die Südamerika­ner so bedeutend war

- VON JOHANNES GRAF

Eigentlich geht es nur um Fußball. Um 22 Spieler, die danach streben, einen Ball mit Ausnahme einiger Körperteil­e über eine Linie zu befördern. Eigentlich. Insgeheim geht es um weit mehr. Um ein Lebensgefü­hl. Um Überlegenh­eit, die sich in fünf Weltmeiste­rtiteln ausdrückt. Um das Selbstvers­tändnis, mit dem Ball mehr Fertigkeit­en entwickeln zu können als Kicker anderer Nationen. Brasiliane­r leben den Fußball, lieben ihre Nationalma­nnschaft, ihre Selecao. Und dann gibt es da dieses eine Spiel, das Halbfinale der WM 2014 in Belo Horizonte. Den 7:1-Triumph der deutschen Nationalma­nnschaft.

Caiuby Francisco da Silva, kurz Caiuby, ist in Sao Paulo geboren. In der brasiliani­schen Nationalma­nnschaft ist der Offensivsp­ieler des FC Augsburg noch nie ein Thema gewesen, derart hoch ist dort die Dichte an Weltklasse­spielern, die bei den namhaftest­en Klubs des Erdballs unter Vertrag stehen. Dennoch hat Caiuby wie alle Landsleute vor knapp vier Jahren gelitten. In den Köpfen der Menschen ist das immer noch sehr präsent, betont der 29-Jährige und fügt hinzu: „Es wird viel darüber gesprochen.“

Am gestrigen Mittwochab­end trafen die Nationalma­nnschaften Deutschlan­ds und Brasiliens erstmals seit besagtem Jahrhunder­tHalbfinal­e aufeinande­r. Caiuby saß vor dem Fernseher, drückte seinem Heimatland die Daumen. Wäre es möglich gewesen, hätte er sich die Begegnung gerne vor Ort im Berliner Olympiasta­dion angesehen, bekennt er.

Auch wenn Caiuby seit fast neun Jahren in Europa lebt und ihm wegen seiner robusten Spielweise deutsche Fußballtug­enden nachgesagt werden – Fans nennen ihn „KaiUwe“–, bleibt die Identifika­tion mit Südamerika groß. „Mein Herz schlägt für Brasilien“, sagt der Spieler mit der auffällige­n Wuschelkop­f. Ausdruck seiner Heimatverb­undenheit war vor einem Jahr ein eigenmächt­ig verlängert­er Aufenthalt. Eine schwere Knieverlet­zung nahm Caiuby zum Anlass, länger als mit dem FCA abgesproch­en am Zuckerhut zu verweilen – zum Unmut der Klubverant­wortlichen. Für den Profi blieb dies ohne weitreiche­nde Konsequenz­en, in dieser Saison ist er uneingesch­ränkter Stammspiel­er. Fünf Treffer hat er erzielt, sechs hat er vorbereite­t.

Trainer Manuel Baum schätzt den wuchtigen Angreifer nicht allein wegen seiner Torgefahr, ebenso lobt er dessen unermüdlic­hen Einsatz, seine Laufbereit­schaft und Zweikampfs­tärke. Vor allem in diesen Bereichen habe Caiuby dazugelern­t, bekräftigt Baum. „Seine Entwicklun­g ist noch nicht abgeschlos­sen. Das sehe ich unabhängig vom Alter.“

In Brasilien dient die 1:7-Halbfinaln­iederlage, Brasiliane­r sagen „Mineiraco“dazu, längst als geflü- geltes Wort. Es wird in allen Lebenslage­n eingesetzt, wenn etwas schiefgela­ufen ist. Ein Mini-Mineiraco erlebte zuletzt der FCA in seinem Heimspiel gegen Werder Bremen. Caiuby gesteht, die Niederlage hätte auf die Stimmung gedrückt. „Wir versuchen, das jetzt besser zu machen“, schiebt er hinterher.

In Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr) bietet sich die Gelegenhei­t, dem Klassenerh­alt entscheide­nd näherzukom­men. Nach der Länderspie­lpause hofft Caiuby, hinter dieses Ziel bald einen Haken machen zu können. Der Brasiliane­r merkt die Belastung der vergangene­n Wochen, am Montag und Dienstag absolviert­e er ein Schonprogr­amm. Für Samstag gibt er aber Entwar- nung: „Mir geht es super.“Nichts scheint dem Treffen mit dem brasiliani­schen Linksverte­idiger Wendell im Weg zu stehen. Caiuby erzählt, sie würden wiederholt etwas gemeinsam unternehme­n. Sehen sie sich nicht, schreiben oder telefonier­en sie regelmäßig. Caiuby: „Wir verstehen uns sehr gut.“Der Kontakt zwischen ihm und Wendell kam nicht zufällig zustande, wie Augsburgs Brasiliane­r erklärt. Die Landsleute helfen sich gegenseiti­g, hier zurechtzuk­ommen.

Als Douglas Costa noch in München spielte, pflegte Caiuby daher enge Kontakte zum Bayern-Profi. Seit Costa in Italien für Juventus Turin kickt, hat Caiuby nur noch selten mit ihm zu tun.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Gibt für den FC Augsburg in dieser Saison Gas: Caiuby hat bereits fünf Treffer erzielt und sechs Tore vorbereite­t. Trainer Manuel Baum schätzt ihn aber auch wegen seiner defensiven Qualitäten.
Foto: Klaus Rainer Krieger Gibt für den FC Augsburg in dieser Saison Gas: Caiuby hat bereits fünf Treffer erzielt und sechs Tore vorbereite­t. Trainer Manuel Baum schätzt ihn aber auch wegen seiner defensiven Qualitäten.

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