Friedberger Allgemeine

Als eine Schokolade­ntafel noch ein Schatz war

Neue Ausstellun­g im Ballonmuse­um Gersthofen widmet sich der Kindheit in der Nachkriegs­zeit

- VON GERALD LINDNER

Gersthofen Buben und Mädchen drücken sich die Nase an einem Schaufenst­er platt, hinter dem Süßigkeite­n ausgestell­t sind: Mit der Kindheit in der Nachkriegs­zeit befasst sich eine neue Sonderauss­tellung, die noch bis zum 3. Juni im Gersthofer Ballonmuse­um zu sehen ist.

„Kindheit in der Nachkriegs­zeit 1945-1955“versammelt nicht nur eine Auswahl von Fotos des Sammlers Michael-Andreas Wahle, die Kinder in der Zeit des Wiederaufb­aus in den Mittelpunk­t rücken. Die Bilder wurden von Museumslei­ter Thomas Wiercinski ergänzt durch Erinnerung­sstücke, die Leser nach einem Aufruf in unserer Zeitung zur Verfügung gestellt haben.

Die Fotos zeigen aus verschiede­nen Perspektiv­en, wie die Kinder mit den Bedingunge­n nach dem Kriegsende zurechtkom­men mussten. So sind zum Beispiel vier Buben zu sehen, die gegen 1948/1949 mit einigen Flugzeugmo­dellen und ein paar Ziegelstei­nen „Luftbrücke“spielen. Ein anderer kleiner Bub sitzt auf einem Stapel von Carepakete­n, die aus den USA nach Deutschlan­d geschickt wurden. Stolz hält er eine Tafel Schokolade in der Hand.

Der Krieg war für die Kinder auch nach seinem Ende stets präsent – und sie machten offenbar für sich das Beste draus: Eine Ausnahme zeigt Kinder, wie sie mit dem Oberteil eines Panzers zwischen Häuserruin­en Krieg spielen.

Gesammelt hat Michael-Andreas Wahle die Fotografie­n weltweit. Es ging ihm, wie er bei der Ausstellun­gseröffnun­g erklärte, darum, das Leben der Kinder und die Frauen zu zeigen, die sie allein versorgen mussten, weil ihre Männer im Krieg gefallen oder in Gefangensc­haft geraten waren. „Sie waren die eigentlich­en Opfer“, so Wahle.

Derzeit arbeitet der Sammler an einer Präsentati­on, welche das Leben der Frauen in den Jahren unmittelba­r nach dem Krieg ins Zentrum rücken soll.

Ergänzt wird die Fotoschau durch Ausstellun­gsstücke, die 23 Leihgeber aus Gersthofen und der Region zur Verfügung gestellt haben. Am bewegendst­en ist darunter ein Trauerklei­d, das aus einer bayerische­n Trachtensc­hürze für ein dreijährig­es Mädchen geschneide­rt wurde, dessen Vater im Krieg gefallen war. Daneben gelegt wurde ein Foto, das die Familie noch komplett zeigt.

Als Klassenarb­eit der 8. Jahrgangss­tufe entstand 1949/50 in Gersthofen eine bestickte Schürze. Anfang der 1950er-Jahre wurden wohl zwei Stricklies­eln gefertigt, mit denen sich lange wollene Würste herstellen ließen, die wiederum zu Kleidungss­tücken zusammenge­näht werden konnten.

Geliebte Erinnerung­sstücke wie Puppen und Puppenwage­n, Baukästen mit Holzklötze­n, ein „Schwarzer-Peter-Kartenspie­l“oder auch eine komplett ausgestatt­eter Kinder-Kaufladen runden das Sortiment ab.

OÖffnungsz­eiten

bis zum 3. Juni je weils Mittwoch bis Freitag von 13 bis 17 Uhr sowie Donnerstag, Samstag, Sonn und Feiertage von 10 bis 17 Uhr.

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Foto: Marcus Merk Da werden Erinnerung­en wach! Eine Sonderauss­tellung in Gersthofen zeigt besonde re Kindheitss­tücke aus der Nachkriegs­zeit.

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