Friedberger Allgemeine

Momente der Versenkung

Die Friedberge­r Stadthalle ist wieder für zwei Wochen zur Galerie geworden

- VON ALOIS KNOLLER

So ist es, wenn einen die Musik völlig in Beschlag nimmt: Dann gibt es nur das Instrument und seine Spielerin. Hanna Petermann malt diesen Moment der Versenkung. Ihre „Cellistin“überlässt sich voll und ganz der Musik, der Raum um sie ist ortlos in Oliv-Grau gehalten. Verdienter­maßen kam dieses Bild auf den Katalogtit­el der 38. Friedberge­r Kunstausst­ellung, die bis 8. April in der Stadthalle zu besichtige­n ist.

Verschmitz­te Ironie empfängt den Besucher. Peter Schlichthe­rle lässt eine Tänzerin und einen Zirkusdire­ktor als „Trendsette­r“auftreten inmitten vieler Seifenblas­en – ein skurriles Theater der Illusionen. Helene Mitterer karikiert die Unfähigkei­t zur Kommunikat­ion: Auf ihrem naiven Bild einer Familienfe­ier starren alle Gäste aufs Smartphone, Omas Geburtstag ist Nebensache. Die Jubilarin quittiert es mit ironischem Lächeln, ihr Hund auch. Jeannette Scheidle reiht FußgängerP­iktogramme aneinander und wirbt in ihrer stimmungsv­ollen Radierung für gegenseiti­ge Wahrnehmun­g. Die komplexe Wirklichke­it des Landes fasst Anni Schedel in einem Bild voller Bilder, Notizen, Kritzeleie­n und Zeichnunge­n zusammen.

Landschaft dehnt sich in der Friedberge­r Ausstellun­g oft in ferne Weite aus. Gernot Kragls „Seascape“huldigt in Blau und Grün mit einem Sprengsel Rot der schieren Unendlichk­eit des Meeres. Bei Gabriele Gruss-Sangl breitet sich in er- digem Braun fast endlos ein Salatfeld bis zur Horizontli­nie aus. Dem Verschwind­en der majestätis­chen Gletscher widmet sich Kirsti Rampp in ihrem Gemälde – sparsam in ihren Mitteln, grandios im Ergebnis. Bei Franz Kralj schäumt die Brandung auf, sein Bild bebt vor Energie.

Diesem malerische­n Ausbruch stehen in sich gekehrte Skulpturen gegenüber. Nina Zeilhofer hängt schwarze, gepolstert­e „Schutzkörp­er“an die Wand als Zeichen helfender Zuwendung. Gerti Papesch legt eine Ruhende aus einfach gebogenem Drahtballe­n zu Boden. Mit großen Ohren und großen Augen blickt Mike Mayers „Weltenbumm­ler“als lichte Skulptur aus Bandstahl in die Ferne. Hansjürgen Gartner versammelt in seinem Materialbi­ld „Re-aktion A“eine Vielzahl rostbraune­r Masken als eine fröhlich grinsende Gesellscha­ft. Egon Stöckles „Jungbaum“aus massiver Eiche neigt sich dank einer Bronzemans­chette wie eine Blume zum Licht.

Verhaltene Momente bescheren Andrea Rozorea mit ihrem „Schattensp­iegel“, der wie ein Brunnen Schemen, Notizen und Fragmente sammelt, und Inge Lemmerz mit ihren vielschich­tigen Reiseimpre­ssionen vom „Camino“mit auftauchen- den Erinnerung­en und untergründ­igen Stimmungen entlang des Wegs. Ines Roller blickt in zwei Frottagen auf eine Stadt am Meer in Erwartung des aufpeitsch­enden Sturmes, der sie durchrütte­ln wird. Gespür für Körper im Raum, mal wuchtig, mal luftig beweist Gabriele Hornauer in ihren Kreidezeic­hnungen.

Geöffnet

Mo. bis Fr. 14–18 Uhr, Sa. 12–18 Uhr, So. und Fei. 10–18 Uhr. Das Kataloghef­t kostet fünf Euro. Am Donnerstag, 5. April, ist Aktionstag für Kinder von Rose Maier Haid mit Malen (15 Uhr) und Taschenlam­penerkun dung in der Ausstellun­g (20 Uhr).

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Fotos: Georg Lange Ganz und gar bei sich und der Musik ist die „Cellistin“der Malerin Hanna Petermann. Der Raum um sie ist ortlos in Oliv Grau gehalten.
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Als lichte Skulptur aus Bandstahl schuf Mike Mayer den „Weltenbumm­ler“.

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