Friedberger Allgemeine

Van Almsick hat ein mulmiges Gefühl

Die Silbermeda­illengewin­nerin von Barcelona feiert einen runden Geburtstag. Die Mutter zweier Söhne kümmert sich um ihren Verein

- Super Illu.

Heidelberg Ihren Ehrentag will Franziska van Almsick im kleinen Kreis feiern. Das einstige Wundermädc­hen und Covergirl sucht zum Geburtstag nicht den ganzen Rummel, bezeichnet sich selbst als Familienme­nsch. Mit 14 wurde die gebürtige Ostberline­rin bei Olympia in Barcelona zur gesamtdeut­schen Schwimm-Heldin, als sie Silber über 200 Meter Freistil holte. Am Donnerstag wird sie 40. Ein ganz besonderer Geburtstag für die Mutter zweier Söhne.

„Die 40 bereitet mir auf jeden Fall ein mulmiges Gefühl“, sagt van Almsick im Interview der „Welt“. „Die 40 steht auf jeden Fall dafür, dass man jetzt wieder ein Stück erwachsene­r wird, vielleicht auch weiser.“Sie sei immer dafür bekannt gewesen, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, erklärt van Almsick. Wenn man jung ist, seien einige Dinge verzeihbar. „Mit 40 solltest du wissen, was du sagst.“Den Geburtstag erlebe sie „ziemlich be- wusst“und habe Respekt davor. Respekt hatten spätestens nach ihren fulminante­n Auftritten in Barcelona auch die damalige SchwimmEli­te vor der Newcomerin. Neben Silber gewann Freistilsp­ezialistin van Almsick 1992 auch die Bronzemeda­ille auf der 100-Meter-Strecke und je einmal Silber und einmal Bronze in Staffelren­nen. Bei der zwei Jahre später folgenden WM in Rom verpasste van Almsick als Vorlauf-Neunte zunächst das Finale, rückte dann jedoch nach, weil Teamkolleg­in Dagmar Hase auf ihren Start verzichtet­e – und holte in damaliger Weltrekord­zeit Gold.

1996 reichte es als Topfavorit­in bei den Olympische­n Spielen in Atlanta zu Silber. Vier Jahre später musste sich van Almsick nach den erfolglose­n Rennen von Sydney hämische Kritik gefallen lassen, 2004 schwamm sie in Athen zu Platz fünf.

Vier Olympia-Teilnahmen, kein Gold – ein großer Makel? Nicht für van Almsick selbst. „Ich glaube, für mein Leben und meine Persönlich­keit war es sogar gut, diese Medaille nicht gewonnen zu haben“, sagt sie der Zeitschrif­t Es mache sie heute aus, dass sie alles versucht und viel erreicht habe, aber der Olympiasie­g fehlt. „Das tut mir heute gut in meinem Leben.“

Nach ihrem Karriereen­de 2004 habe sie den Übergang in das „normale Leben“gut geschafft, sagt sie.

Zwischen 2000 und 2004 war sie mit dem Handballer Stefan Kretzschma­r liiert. Es sei ihr wichtig, nicht zu sehr in der Öffentlich­keit zu stehen, ihr Privatlebe­n zu schützen. Sie verbringt Zeit mit ihrer Familie. Mit dem Unternehme­r Jürgen B. Harder hat sie einen vier und einen elf Jahre alten Sohn.

Sie kümmert sich um ihren Verein „Franziska van Almsick Schwimmkid­s“. Dort setzt sie sich dafür ein, dass Kinder schwimmen lernen. „Denn schwimmen rettet Leben!“Im Oktober vergangene­n Jahres war sie mit ihrem Projekt in Friedberg zu Gast. Zudem will sie ihr Abitur nachholen und einen Hubschraub­erschein machen.

Die Entwicklun­g des deutschen Schwimmspo­rts stimmt sie traurig. Die Beckenschw­immer waren bei Olympia zuletzt zweimal ohne Medaillen geblieben und hatten auch bei den Weltmeiste­rschaften im vergangene­n Sommer in Budapest enttäuscht. „Zu meiner Zeit waren wir eine Schwimm-Macht“, sagt van Almsick. Heute müsse man „mit der Lupe nach Talenten suchen. Da ist also einiges schiefgela­ufen.“Was genau, könne sie nicht beurteilen. Die frühere Weltklasse-Athletin sei nach wie vor bereit, ihren Erfahrungs­schatz an den Nachwuchs weiterzuge­ben. Bisher sei der Deutsche Schwimm-Verband jedoch nicht auf sie zugekommen.

„Zu meiner Zeit waren wir eine Schwimm Macht.“

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Foto: dpa Um das einstige Wundermädc­hen des deutschen Schwimmspo­rts ist es ruhiger geworden. Franziska van Almsick ist längst im „normalen Leben“angekommen.

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