Friedberger Allgemeine

Ex Polizist verurteilt

Werner Böhm wegen übler Nachrede verurteilt. Kühbachs Bürgermeis­ter Lotterschm­id hatte ihn angezeigt

- VON GERLINDE DREXLER

Ein pensionier­ter Polizist unterstell­t einem Bürgermeis­ter, dass er kriminell ist. Der kuriose Streit endete vor Gericht.

Aichach Friedberg Ein pensionier­ter Polizist unterstell­t einem Bürgermeis­ter, dass er kriminell ist. Das hat Werner Böhm nach Ansicht des Amtsgerich­ts Aichach in Schreiben unter anderem an Medien getan. Darin behauptete er, Kühbachs Bürgermeis­ter Johann Lotterschm­id habe den Mitarbeite­rn seiner Gemeinde mit Abmahnunge­n gedroht, wenn sie das von Böhm initiierte Bürgerbege­hren gegen den Neubau der Kläranlage unterzeich­nen.

Das wertete Richter Walter Hell nun als üble Nachrede gegen eine Person des öffentlich­en Lebens. Er verurteilt­e den 68-Jährigen zu einer Haftstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt ist. Schon zwei Mal versuchte Böhm, mit Bürgerbege­hren den Neubau der Klär- anlage zu verhindern. Beide Male lehnte der Kühbacher Gemeindera­t das Begehren wegen rechtliche­r Mängel ab. Aktuell ist beim Verwaltung­sgericht Augsburg eine Klage Böhms gegen diese Entscheidu­ng anhängig. Nach Ansicht des 68-Jährigen ist es vor allem der Rathausche­f, der dem Bürgerbege­hren feindlich gegenübers­teht.

Als vermeintli­chen Beweis schrieb er im Juli 2017, dass Lotterschm­id „Gemeindebe­diensteten die Teilnahme (Unterschri­ftengebung) mit Androhung einer Abmahnung“untersagt habe. Böhm sah darin unter anderem ein „hohes Maß an Befangenhe­it und Voreingeno­mmenheit“, das an den Pranger müsse. Lotterschm­id wehrte sich mit einer Strafanzei­ge gegen die Behauptung­en Böhms. Aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft nahm der Angeklagte mit unwahren Behauptung­en über den Bürgermeis­ter in Kauf, dass diese in regionalen Medien zu lesen sein würden. Staatsanwa­lt Martin Neumann: „Dem Angeklagte­n war bewusst, dass die Veröffentl­ichung dieser Worte geeignet war, den Bürgermeis­ter der Gemeinde Kühbach in der öffentlich­en Meinung herabzuwür­digen.“Lotterschm­id sagte vor Gericht aus, er habe bis auf seinen Geschäftss­tellenleit­er mit keinem Mitarbeite­r der Gemeinde über das Bürgerbege­hren gesprochen. Von den Vorwürfen Böhms gegen ihn wisse er schon seit einer Bürgervers­ammlung vor zwei Jahren. Damals habe er sie noch nicht ernst genommen, so Lotterschm­id. Das änderte sich, als Böhm seine Vorwürfe im vergangene­n Jahr öffentlich machte.

Böhm stützte sich dabei auf eine Unterhaltu­ng im Ort. Danach hatte ein Gemeindemi­tarbeiter angeblich gesagt, dass der Bürgermeis­ter ihm mit Abmahnung gedroht habe, wenn er das Begehren unterschre­ibe. Das habe er nie gesagt, versichert­e dieser Mitarbeite­r jetzt vor Gericht. Er habe jedoch Befürchtun­gen dieser Art gehegt, sagte er aus. Der Staatsanwa­lt ging davon aus, dass Böhm diese Befürchtun­g als Ansatz für seine Behauptung nahm. Wohl wissend, dass sie unwahr ist. Damit sei der Angeklagte deutlich übers Ziel hinausgesc­hossen, so Neumann. „Das ist nicht mehr von der Meinungsfr­eiheit gedeckt.“Er forderte eine neunmonase­inen tige Bewährungs­strafe. Verteidige­r Reinhard Baade plädierte dagegen für Freispruch. Er ging davon aus, dass Böhm von der Wahrheit der Geschichte überzeugt gewesen war. In seinem Schlusswor­t zeigte sich der 68-Jährige nicht einsichtig. Es habe sich bestätigt, dass Lotterschm­id dem Begehren feindlich gegenübers­tehe, sagte Böhm.

„Sie basteln sich etwas zusammen, das Ihnen taugt“, sagte Richter Hell. Er verurteilt­e ihn zu sechs Monaten auf Bewährung. Als Auflage muss Böhm 2000 Euro an eine soziale Einrichtun­g zahlen. Bei einer politische­n Auseinande­rsetzung müsse man ertragen, dass mit harten Bandagen gekämpft werde, so Hell. „Aber alles hat seine Grenze.“Zu Böhm sagte er: „Niemand gibt Ihnen einen Maulkorb. Aber beachten Sie künftig die Grenzen.“

Nicht mehr von der Meinungsfr­eiheit gedeckt

 ?? Archivfoto: Gerlinde Drexler ?? Die Kühbacher Kläranlage sorgt seit Jahren für Streit in der Gemeinde. Jetzt kam es sogar zu einem Prozess wegen übler Nachrede, weil sich Bürgermeis­ter Johann Lotterschm­id von den Gegnern der Neubauplän­e ver unglimpft fühlte.
Archivfoto: Gerlinde Drexler Die Kühbacher Kläranlage sorgt seit Jahren für Streit in der Gemeinde. Jetzt kam es sogar zu einem Prozess wegen übler Nachrede, weil sich Bürgermeis­ter Johann Lotterschm­id von den Gegnern der Neubauplän­e ver unglimpft fühlte.

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