Schmutziger Streit um Neubau einer Kläranlage
Kühbacher startet zwei Bürgerbegehren, klagt – und wird wegen übler Nachrede angezeigt
Kühbach Eine geplante Kläranlage in Kühbach (Kreis Aichach-Friedberg) sorgt seit rund zwei Jahren immer wieder für Aufregung und Streit in der Marktgemeinde. Gegen den Neubau initiierte Werner Böhm bereits zwei Bürgerbegehren, die der Gemeinderat jedes Mal wegen rechtlicher Fehler ablehnte. Gegen diese Entscheidung klagt Böhm jetzt vor dem Verwaltungsgericht Augsburg. Er selbst wurde kürzlich wegen übler Nachrede vom Amtsgericht Aichach zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Böhm hatte dem Kühbacher Bürgermeister Johann Lotterschmid unterstellt, dass er Mitarbeitern der Gemeinde Abmahnungen angedroht habe, wenn sie das Bürgerbegehren unterschreiben. Der Rathauschef zeigte ihn daraufhin an. Aber das ist nur der vorläufige Höhepunkt einer langwierigen kommunalen Streitge- schichte. Es geht im Kern um die Abwasserreinigung, doch dazu wird auch noch viel kommunalpolitische und zwischenmenschliche schmutzige Wäsche gewaschen.
Den Kühbachern brennt die Zeit auf den Nägeln. Die Kläranlage im Ortsteil Paar ist schon seit Jahren überlastet und veraltet. Vor allem aber ist die wasserrechtliche Erlaubnis bereits seit Ende 2005 abgelaufen. Auch eine zweite Kläranlage in Kühbach läuft hart an der Grenze ihrer Kapazität. Nur unter der Voraussetzung, dass die Gemeinde bis 2017 eine neue Kläranlage baut, duldet das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth bisher und derzeit noch den Betrieb der Anlagen.
Ähnlich sieht es in der Nachbargemeinde Inchenhofen aus. Auch dort arbeitet die Kläranlage am Rande ihrer Leistungsfähigkeit und die Betriebserlaubnis läuft 2020 aus. planen beide Marktgemeinden eine gemeinsame neue Kläranlage an der Paar. Rund 6,8 Millionen Euro soll sie kosten. Auf Kühbach entfallen davon 56 Prozent der Kosten, also etwa 3,8 Millionen Euro. 44 Prozent zahlt Inchenhofen.
Gegen den Neubau formierte sich in Kühbach Widerstand. Über 400 Bürger protestierten mit ihrer Unterschrift dagegen und forderten Anfang 2016 einen Bürgerentscheid. Initiator: Werner Böhm. Die zentrale Forderung: Die bestehenden Kläranlagen in Kühbach und im Ortsteil Paar sollen bestehen bleiben und die gewerblichen Abwässer nicht mehr in die Paarer Anlage eingeleitet werden. Sie kritisieren die hohen finanziellen Belastungen der Grundstückseigentümer. Die hätten bereits für die bestehende Anlage ihre Beiträge bezahlt.
Anwälte, die im Auftrag der Kommune die Unterlagen zum Bürgerentscheid geprüft hatten, stellten mehrere Mängel an der Fragestellung fest. Der Gemeinderat Kühbach lehnte daraufhin das Bürgerbegehren in einer Sondersitzung als unzulässig ab. Die Fragestellung verstieß nach Auffassung des Gremiums gegen das Koppelungsverbot. Die Begründung sei irreführend und das Bürgerbegehren auf rechtswidrige Ziele ausgerichtet.
Etwa ein Jahr später startete Böhm ein zweites nahezu identisches Bürgerbegehren mit dem Ziel, den Neubau der Kläranlage zu verhindern. Unter der Überschrift „Handelt Kühbachs’ Bürgermeister zum Wohle der Bürger???“verteilte er ein Infoblatt zum Bürgerbegehren II in der Gemeinde. Darin warf er dem Bürgermeister unter anderem „Verdummungspolitik“und „unseriöses Handeln“vor. Auf eiDeshalb ner Reihe von Infoveranstaltungen und Bürgerversammlungen kam es zu teils heftigen Wortgefechten zwischen Böhm und Lotterschmid. Auch das zweite Bürgerbegehren, das 387 Stimmberechtigte unterzeichnet hatten, lehnte der Gemeinderat als unzulässig, irreführend und rechtswidrig ab. Dagegen klagt Böhm vor dem Verwaltungsgericht. Eine Entscheidung, die Bürgermeister Lotterschmid begrüßte, damit die Angelegenheit ein für alle Mal geklärt wird. Eine Begründung der Klage vonseiten Böhms ist bis jetzt noch nicht beim Gericht eingegangen.
Die Planungen für die Kläranlage laufen inzwischen auf Hochtouren. Demnächst soll die Ausschreibung der Arbeiten erfolgen, der Baubeginn ist laut Zeitplan für den Herbst vorgesehen. 2019 soll die neue Kläranlage fertig sein.