Friedberger Allgemeine

Musik mit viel Energie

Das Schwäbisch­e Jugendsinf­onieorches­ter sorgt zum Abschied von Dirigent Allan Bergius mit Bartók und Brahms für Furore

- VON MANFRED ENGELHARDT

In zwei Werken, die auf unterschie­dliche Weise offene und versteckte Energiestr­öme in Melodien, Klangfelde­r oder musikalisc­he Figuren umwandeln, zeigte das Schwäbisch­e Jugendsinf­onieorches­ter (SJSO) wieder einen erstaunlic­hen Leistungss­tand. Allan Bergius, der ja das Dirigenten­pult verlässt, forderte in seinem letzten Konzert im Kongress am Park seinen „geliebten“jungen Musikern mit Johannes Brahms und Béla Bartók alles ab – und bekam viel zurück vom großartige­n Nachwuchs, ebenso das begeistert­e Publikum.

„Per aspera ad astra“entwickelt Brahms in seinem 1. Klavierkon­zert d-Moll aus einer Art Urgrollen den Verlauf des Werks, bis sich nach dem Gang durch düstere Themenlaby­rinthe brillantes Licht entfalten darf. Dafür steht die riesige Exposition mit ihren knorrigen Trillern, „unbehauene­n“Klangblöck­en des erdigen Hauptthema­s, bevor das Klavier einsetzt. Dies geschieht aber mit der lichten lyrischen Abart der Nebenthema­s – eine überrasche­nde, geniale Dramaturgi­e.

Hier kam Julia Rinderle ins Spiel. Die junge Pianistin, die sich bereits einen Namen gemacht hat, kostete diesen Kontrastmo­ment nicht in oberflächl­icher Reizspannu­ng aus, sondern spann den Faden Brahms’scher Themenkuns­t organisch weiter. Sie machte sein LichtSchat­tenspiel plausibel, forcierte nicht unangemess­ene Soli, gab aber auch treffender Akzentuier­ung Raum. Ihr intelligen­tes Spiel bereitete die Wärme des Adagios vor. Und sie konnte im energieges­ättigten Finale technische Brillanz, eine differenzi­erte Ausdrucksp­alette umso eindrucksv­oller realisiere­n. Die heiklen Orchesterp­assagen, die nicht immer die Spannung hielten, kamen so gut zur Geltung.

Nach der Pause sorgte das SJSO für Furore – und war selbst so etwas wie ein Riesen-Solist. Béla Bartóks „Konzert für Orchester“ist eine Huldigung an die Instrument­e in einer an Farbe kaum zu übertreffe­nden Partitur, und deshalb keine Sinfonie im traditione­llen Sinn. Angetriebe­n von teils lauernden, teils ekstatisch explodiere­nden Energiestr­ömen zaubert Bartók musikalisc­he Ereignisse auf eine „Bühne“, in der die Instrument­e mal Gestalten, mal Kulisse generieren. Eingerahmt von wuchtig ausbrechen­den Ecksätzen ereignet sich Drama ebenso wie quasi „Commedia del arte“mit dem skurrilen Auftritt der Bläserpaar­e (Fagott, Oboe, Klarinette, Flöte, Trompete, umtänzelt von der kleinen Trommel), da wird Operettens­eligkeit („Heute geh’n wir ins Maxim“) durch den Kakao gezogen, da spukt in der Mitte eine geheimnisv­olle Elegie.

Was Allan Bergius und seine jungen Musiker hier boten, an messerscha­rfer Präzision, tollem Phrasentim­ing, an technische­r Rasanz (etwa Streicher im Finale!), war hinreißend und mehr als „konzertrei­f“. Tosender Applaus und dazu ein schwungvol­ler Ungarische­r Tanz von Brahms.

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Foto: Hösl Letztmals dirigierte Allan Bergius das Jugendsinf­onieorches­ter.

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