Friedberger Allgemeine

Neue Wege in eine gute Zukunft

In Blumenthal werden Ideen für Mobilität, Natur und Energiever­sorgung im Wittelsbac­her Land diskutiert. Können wir so leben, dass es auch unseren Enkeln noch gut geht?

- VON MARTIN GOLLING

Aichach Friedberg Ein Jahr ist es her, dass sich in Schloss Blumenthal 180 Menschen im Rahmen des Forum Z (Zukunft) an zwei Tagen Gedanken machten, wie der Landkreis zukunftsfä­hig werden kann und die darin wohnenden Bürger ihr Leben nachhaltig gestalten können. „Was ist seither passiert?“: So zitierte Ernst Haile, der Kreisvorsi­tzende des als Veranstalt­er auftretend­en Bund Naturschut­z, jene simple Frage, die immer wieder an ihn herangetra­gen wird. Als Erster ergriff bei der Forum-Z-Neuauflage unter dem Motto „enkeltaugl­ich leben“in Blumenthal stellvertr­etender Landrat Peter Feile das Wort und konstatier­te: „Forum Z hat die Perspektiv­e schon verändert.“

Feile erinnerte an die Forderunge­n aus den vor einem Jahr vorgestell­ten acht Themenkrei­sen und griff jene nach einem kostenlose­n öffentlich­en Personenna­hverkehr heraus. Völlig abwegig sei dies man- damals vorgekomme­n, nun seien genau diese Töne von der hohen Politik in Berlin zu hören. Feile: „Man muss Mobilität völlig neu denken.“

Der Gemeinwohl­gedanke spielte schon beim ersten Forum Z eine tragende Rolle. Franz Galler, der die Gemeinwohl­belange im Berchtesga­der Land und im Chiemgau voranbring­t, erinnerte daran, dass ein Prozent der Menschheit über 50 Prozent des Vermögens verfüge. Der entscheide­nde Faktor für die längst fällige Transforma­tion ohne Verwerfung­en sei jeder Einzelne, sagte Galler und verwies auf den Ausspruch von Papst Franziskus, dass die bestehende Wirtschaft­sform töte.

40-mal komme der Begriff Gemeinwohl in der Enzyklika „Laudato si“vor, so Galler. Einfach erscheint seine Schlussfol­gerung: Menschwürd­e, Solidaritä­t, Mitbestimm­ung, Gerechtigk­eit und ökologisch­e Nachhaltig­keit müssten nicht nur für Menschen gelten, son- dern auch für Tiere, Firmen und die Herstellun­g von Produkten.

Aus dem Forum Z 2017 gingen die Arbeitskre­ise Wirtschaft und Handel, Energie, Mobilität, Demokratie, Bildung, Umweltbewu­sstsein, Land- und Forstwirts­chaft und Biodiversi­tät und Natur hervor, von denen Letzterer wohl am meisten bewegte. Sein Leiter Wolfhard von Thienen konnte auf den erfolgreic­hen ersten Biodiversi­tätstag verweisen, der Ende Januar in Blumenthal stattfand. Die Faktenlage in Sachen Artenvielf­alt bleibt jedoch dramatisch: „Wir als Spezies Mensch sind dabei, das sechste große Artensterb­en seit 4,5 Milliarden Jahren auszulösen. Wir verändern die Evochem lution, und dies wird noch in Millionen von Jahren nachweisba­r sein“, so der Biologe. Er forderte, die Kooperatio­n mit den Landwirten voranzubri­ngen. „Eine naturvertr­ägliche Landwirtsc­haft mästet nicht Tausende Schweine auf wenigen Quadratmet­ern und unter Ausschluss von Tageslicht. Sie bricht mit dem Kreislauf der Agrargifte“, die sicher auch mitverantw­ortlich seien für das Artensterb­en, so Wolfhard von Thienen.

Beim Thema Energie konnte Alfred Seitz vermelden, dass sich einiges getan habe. Er verwies auf die Zusammenar­beit des Landkreise­s und der Stadt Augsburg mit dem Wittelsbac­her Land und auf die nach wie vor aktive Bürgerener­gieGenosse­nschaft Neuburg-Schrobenha­usen-Aichach. Der Arbeitskre­is Mobilität setzt auf das Projekt „alltagstau­gliche Radwege im Wittelsbac­her Land“und will sich starkmache­n für ein Landkreis-Jahrestick­et für den Busverkehr im Landkreis für 365 Euro.

Alle Arbeitskre­ise wollen nach dem Forum Z 2018 wieder ihre Tätigkeit aufnehmen beziehungs­weise fortsetzen. Durch den Tag führte Martin Horack als Moderator. Er machte sich dafür stark, Forum Z als alljährlic­h wiederkehr­endes Event zu etablieren.

Hatten sich die Teilnehmer des Forum Z noch im letzten Jahr als Pioniere fühlen dürfen, so konnten sie heuer registrier­en, dass sie beileibe nicht mehr allein unterwegs sind. Aus dem Marsch einiger weniger ist eine Bewegung erwachsen für ein nachhaltig­es Wirtschaft­en in allen Bereichen. Julia Stanger referierte über nachhaltig­e Kommunalen­twicklung, über regionale Vernetzung, nannte Personen und Institutio­nen, die in ihren jeweiligen Bereichen entscheide­nd in dieser Richtung Entwicklun­gen vorangebra­cht hatten und immer weiter anschieben. Sie entwarf sehr positiv „attraktive Wege in eine gute Zukunft“, wie auch der Titel ihres Referats lautete.

„Wir als Spezies Mensch sind dabei, das sechste große Artensterb­en auszulösen “Wolfhard von Thienen

 ??  ?? Auch kreativ werden die Teilnehmer des Forum Z in Blumenthal. Das Haus samt Fotovoltai­kanlage im Vordergrun­d ist fertig. So kann der Zimmermann den Richtspruc­h aufsagen und dieses Mal ausnahmswe­ise mit Was ser begießen.
Auch kreativ werden die Teilnehmer des Forum Z in Blumenthal. Das Haus samt Fotovoltai­kanlage im Vordergrun­d ist fertig. So kann der Zimmermann den Richtspruc­h aufsagen und dieses Mal ausnahmswe­ise mit Was ser begießen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany