Schreiben macht ihn glücklich
Jürgen Schwilski ist als dichtender „Pendler Fuko“bekannt – und läuft Marathon. Was ihn bewegt
Mering Jürgen Schwilski hält es mit dem Philosophen Michel de Montaigne, der sagte: „Es gibt kaum eine trübe Stimmung, die drei Seiten guter Literatur standhält.“Dementsprechend viel tut er für die Literatur in Mering und Umgebung. Gedichte und Lieder trug er unlängst beim lyrischen Kulturcafé in der Bücherei Kissing vor. Im November veranstaltete er mit Jungpoetin Sina Platzbecker aus Mering und Dagmar Rohde aus Friedberg einen Abend unter dem Motto „Reden ist Silber, Hören wird Gold“. Mit seiner vor zehn Jahren initiierten offenen Bühne „Speakers’ Corner“möchte er vor allem jungen Talenten die Möglichkeit geben, ihre Begabung vorzustellen. Mit Peter Hörmann sucht er die Teilnehmer aus, moderiert den Abend und liest oft eigene Texte vor.
Meist ist das Thema seiner Kurzprosa oder seiner lustigen Geschichten das Zugfahren. Als „Pendler Fuko“machte er sich einen Namen. In diesen Geschichten erzählt Schwilski von seinem Leben zwischen Abfahrt und Ankunft als täglicher Zugreisender zwischen Mering und München. Seit frühester Jugend ist er begeisterter Leser. Geboren im 300-Seelen-Dorf Schwaningen im Schwarzwald, zog er 1981 nach München. 1998 wählte er mit seiner Frau und den beiden Kindern Mering als Wohnsitz.
Der 61-Jährige, der seit 25 Jahren in München bei der Sparkasse arbeitet, sagt: „Mein Tagebuch habe ich immer bei mir und meistens mache ich mir morgens früh schon Notizen.“Aber er habe sein Gedächtnis so gut trainiert, dass er die Erlebnisse auch noch abends zu Hause aufschreiben könne, fügt er hinzu.
Seit seinem 20. Lebensjahr schreibt er, die Initialzündung für die Intensivierung dieses Hobbys gab ihm seine Ehefrau Marianne, die ihm vor 30 Jahren den Kurs „Kreatives Schreiben“bei der Volkshochschule schenkte. Dabei erkannte er, dass Schreiben und Vorlesen eine Bereicherung im Leben sein können. „Man muss nicht unbedingt Bücher schreiben und berühmt werden. Die Freude am eigenen Ausdruck und die Konservierung schöner Momente sind allein schon gewinnbringend“, sagt er. So wie ein Hobbyjogger nicht gleich olympisches Gold anstrebe, sondern das Laufen an sich genießt.
Und Laufen ist das zweite Hobby Schwilskis. Damit hält er sich für seinen Beruf fit. Er nahm bereits an 27 Marathonläufen teil. In den vergangenen Jahren verlegte er sich auf das Ultralangstreckenlaufen. Den Bodensee umrundete er in 4,5 Tagen und im vergangenen Jahr bewältigte er den Donauradweg joggend von Passau nach Wien.
Außerdem ist der 61-Jährige ein Fan von Haruki Murakami, dem meistgelesenen japanischen Schriftsteller – und ebenfalls ein Marathonläufer. Sein Lieblingsbuch dieses Autors ist „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“. Beim Laufen bekommt Schwilski aber nicht etwa neue Ideen für Geschichten. „Laufen macht meinen Kopf frei. Das ist wie ein Neustart fürs Gehirn“, verrät er.
Da er die Laufgeschwindigkeit inzwischen seinem Alter angepasst hat, begleitet ihn seine Ehefrau immer häufiger auf seinen Exkursionen. Wenn läuferisch der NeustartKnopf wieder gedrückt ist, erinnert sich Jürgen Schwilski gerne an den Spruch des Dichters Karl Kraus: „Erst in der Wonne sprachlicher Zeugung entsteht aus dem Chaos eine Welt.“
Gemeinsam mit Dagmar Rohde plant er nun eine „Schreibzeit“. Deren Konzept: Man tagt einmal im Monat in Mering und gibt sich Inspirationen zum Schreiben. „Das ist hilfreich, ist doch das Schreiben an sich ein einsamer Job“, so Schwilski. Er ist der Überzeugung, dass Schreiben glücklich macht, hat aber Verständnis, dass vielen die Lust fehlt, etwas aufzuschreiben. Er weiß eine Lösung: „Dagegen hilft, aus sich einen Menschen zu machen, der Lust hat, etwas zu schreiben.“
Für die Zukunft plant Jürgen Schwilski, aus seinen seit dem Jahr 1993 geführten Tagebüchern ein Buch zu gestalten. „Vielleicht nehme ich aber auch wieder die Pendlergeschichten auf. Es hat sich viel geändert im Fugger-Express“, verkündet er. Ein Motto ist ihm schon eingefallen: „Reisende soll man aufhalten.“