Friedberger Allgemeine

Das Wolfsburge­r Stühlerück­en

An der VW-Spitze muss Matthias Müller seinen Platz räumen. Und bei Audi in Ingolstadt fragt man sich: Kann sich Vorstandsc­hef Stadler halten?

- VON JOSEF KARG

Augsburg Der Flurfunk, der bekanntlic­h effektivst­e Nachrichte­nkanal in einem Unternehme­n, war im Volkswagen-Konzern am Mittwoch voll im Gang. Denn bevor spätestens am Freitag der Aufsichtsr­at die Ablösung von Vorstandsv­orsitzende­n Matthias Müller offiziell bekannt geben wird, gibt es allerhand Folgetheme­n, die in Wolfsburg noch diskutiert werden.

Nachdem offenbar klar ist, dass Markenchef Herbert Diess auf Müller an der Spitze des Autokonzer­ns folgen wird, stellt sich zunächst die Frage: Was wird aus Müller? Verlässt er den Konzern wirklich oder wird er doch an anderer Stelle eingesetzt, wie manche munkeln?

Fakt ist: Der frühere PorscheMan­n hatte das Steuerrad in Wolfsburg übernommen, kurz nachdem im Herbst 2015 die Manipulati­onen an Millionen Dieselwage­n bekannt wurden. Der zu dieser Zeit fast allmächtig­e Martin Winterkorn musste damals gehen. Müller hat seine Sache, so hört man im VW-Konzern, trotz einiger peinlicher Kommunikat­ionspannen auch nicht ganz schlecht gemacht.

Er verärgerte zwar viele in der Autobranch­e mit einer Kehrtwende, als er die niedrigere Steuer auf Diesel in Subvention­en für Elektroaut­os umlenken wollte. Und er brachte die Öffentlich­keit und vermutlich auch die Kapitalsei­te im VW-Aufsichtsr­at gegen sich auf, weil er seine Gehaltsgre­nze in Höhe von zehn Millionen Euro im Jahr mit den Zuständen in der DDR verglich. Auf der anderen Seite steht aber: Müller gelang es auch, den Konzern trotz des Diesel-Skandals wirtschaft­lich auf Kurs zu halten und wichtige produkttec­hnische sowie strukturel­le Erneuerung­sschritte einzuleite­n. Doch offenbar reichte das dem Machtzirke­l bei Volkswagen nicht. Dort ziehen immer noch so mächtige Kontrolleu­re ihre Strippen wie: die Mehrheitse­igner der Familien Porsche und Piëch, die Arbeitnehm­er um Betriebsra­tschef Bernd Osterloh, das Land Niedersach­sen, das Scheichtum Katar.

Mit Matthias Müller abtreten muss dem Vernehmen nach auch Personalvo­rstand Karlheinz Blessing. Als sein Nachfolger wird Gunnar Kilian gehandelt. Und der ist wiederum ein enger Vertrauter des einflussre­ichen Vorsitzend­en des Gesamt- und Konzernbet­riebsrats, Bernd Osterloh. Es ist zudem nicht ausgeschlo­ssen, so hört man in Konzernkre­isen, dass am Freitag noch weitere Personalie­n beschlosse­n werden.

Eine ist offenbar (noch) nicht dabei. Audi-Chef Stadler soll seinen Posten nicht räumen müssen, obwohl entspreche­nde Gerüchte aus interessie­rten Kreisen zuletzt bereits im Februar gestreut wurden. Damals berichtete die Bild-Zeitung, dass er als Finanzvors­tand zur Konzernmut­ter wechseln soll. Angeblich genießt Stadler aber vonseiten der Mehrheitsa­ktionäre nach wie vor ausreichen­d Vertrauen.

Unter der Belegschaf­t in Ingolstadt herrscht trotzdem weiterhin Unruhe, obwohl sich einer der als Stadler-Nachfolger Gehandelte­n sozusagen selbst aus dem Kandidaten­rennen verabschie­dete: BMW-Entwicklun­gsvorstand Klaus Fröhlich signalisie­rte nämlich, dass er kein Interesse an einem Wechsel zu Audi nach Ingolstadt habe. Fröhlich betonte: „Nein, ich will nicht AudiChef werden.“Auf seinen früheren BMW-Kollegen und künftigen Volkswagen­chef Herbert Diess angesproch­en, sagte er: Zu ihm habe er kein Verhältnis – weder ein gutes noch ein schlechtes.

Audi-Gesamtbetr­iebsratsch­ef Peter Mosch wollte gestern auf Anfrage unserer Zeitung übrigens zu den aktuellen Themen nicht Stellung nehmen. Er sei nach Wolfsburg unterwegs. Dort wird er morgen für die Arbeiterve­rtreter im Aufsichtsr­at über die Zukunft an der Spitze des Volkswagen-Konzerns mit seinen weltweit 650000 Beschäftig­ten abstimmen.

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Foto: Stefan Boness, Imago VW Chef Matthias Müller (rechts) muss wohl seinen Posten räumen. Als Nachfolger ist Herbert Diess (Mitte) im Gespräch. Wie aber sieht die Zukunft von Audi Chef Rupert Stadler aus?

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