Sorge um den Tengelmann Chef
Am Samstag ist Karl-Erivan Haub von einer Skitour nicht zurückgekommen. 50 Rettungskräfte sind seitdem im Einsatz. Die Suche gestaltet sich allerdings schwierig
Genf Mit jeder Stunde schwindet die Hoffnung auf ein Wunder: Seit Samstag ist der deutsche Milliardär und Chef des Tengelmann-Konzerns, Karl-Erivan Haub, im hochalpinen Gebiet rund um das Matterhorn verschwunden. Es wird befürchtet, dass er in eine Felsspalte gestürzt sein oder eine Lawine ihn begraben haben könnte. Die Staatsanwaltschaft des Schweizer Kantons Wallis wollte auch eine Straftat nicht ausschließen.
Der 58-Jährige ist einer der reichsten Deutschen. Das Vermögen der Unternehmerfamilie wurde zuletzt vom auf rund 4,2 Milliarden Euro geschätzt. Haubs Vater war erst im März gestorben. Zu dem Familienimperium gehören unter anderem der TextilDiscounter Kik und die Baumarktkette Obi. Der Unternehmer ist als begeisterter Sportler bekannt, der das Bergsteigen ebenso liebt wie Skitouren und Marathonläufe.
Die Suche nach Haub wurde am Mittwochnachmittag fortgesetzt, hieß es von der Kantonspolizei bei einer Pressekonferenz. Trupps auf der italienischen Seite des Matterhorns forschten ebenso weiter nach dem Vermissten. „Die Rettungskräfte sind in vollem Einsatz“, sagte der Sprecher der Kantonspolizei, Mathias Volken, unserer Zeitung. Die Wetterbedingungen in der zerklüfteten Bergwelt zwischen der Schweiz und Italien seien allerdings „nicht optimal“. Schlechte Sicht und Neuschnee machten den Einsatzkräften zu schaffen. „Die Situation ist angespannt in den Walliser Bergen“, betonte Volken. Gleichzeitig versicherte der Polizeisprecher: „Wir tun das Bestmögliche, um Herrn Haub lebend zu finden.“
Tatsächlich bieten die Schweizer Rettungskräfte alles auf, was ihnen zur Verfügung steht: Hubschrauber mit Wärmebildkameras, Spürhunde, elektronische Suchgeräte, Bodentruppen, die in Gletscherspalten abgeseilt werden. „Täglich sind 40 bis 50 Spezialisten im Einsatz“, betonte Anjan Truffer, Rettungschef von Zermatt. Die Fachleute durchkämmten auch Berghütten und Restaurants. Doch die Operation gestaltet sich denkbar schwierig. Das Gebiet, in dem Haub vermutet wird, erstreckt sich über 240 Quadratkilometer. „Der Mann kann überall sein“, sagte Truffer.
Die Familie des TengelmannChefs stellte große Mittel für die Suchaktion zur Verfügung. Das bestätigte Adriano Favre, Leiter der Bergrettungsdienste im Aosta-Tal, der Zeitung Nach bisherigen Erkenntnissen übernachtete Haub von Freitag auf Samstag in einem Hotel in dem Nobelort Zermatt. Das Städtchen gilt als Refugium für Superreiche. Am Samstagmorgen nahm Haub, bepackt mit Skiausrüstung, die Seilbahn zum Klein Matterhorn. Auf dem Berg wollte er nach Angaben seiner Familie für die sogenannte Patrouille des Glaciers trainieren, ein Skitourenrennen, an dem er schon mehrfach teilgenommen hat. Deshalb war er nach Angaben der Rettungskräfte auch nur mit einer eher leichten Ausrüstung unterwegs. Die Bergbahnstation auf dem 3883 Meter hohen Klein Matterhorn ist die höchstgelegene Europas. Von der Spitze eröffnet sich bei gutem Wetter ein atemberaubender Blick auf die Schweizer, italienischen und französischen Alpen. „Gegen 9.10 Uhr verliert sich Herrn Haubs Spur“, sagte Polizeisprecher Volken. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Firmenboss rund um die Skistation auf dem Klein Matterhorn letztmalig gesehen.
Die Familie hatte die Polizei am Sonntagmorgen alarmiert. Unmittelbar danach hatte die Suche nach dem Unternehmer begonnen. Erschwert wurde die Suche dadurch, dass Haubs Handy offenbar schon bei der Ankunft des Unternehmers auf der Bergstation am Klein Matterhorn abgeschaltet war. „Entweder hat er es bewusst abgeschaltet, weil er seine Ruhe haben wollte, oder die Batterie war leer“, sagte Truffer. Deshalb haben die Retter keine Hinweise, in welche Richtung er sich bei der Tour gewandt hat.
Haubs Bruder Christian will trotz der bislang vergeblichen Suche die Hoffnung auf ein gutes Ende nicht aufgeben: „Mein Bruder ist ein sehr erfahrener Skitourengänger und Bergsteiger, sodass wir trotz der Zeit, die inzwischen verstrichen ist, die Hoffnung nicht aufgeben, ihn bald zu finden“, schrieb er in einem Brief an die Mitarbeiter, der dem
vorlag.