Friedberger Allgemeine

Vom Hitlerjung­en zum Weltenbumm­ler

James Stewarts Blutdruck trieb er in die Höhe. John Wayne trank er unter den Tisch. Heute wird Hardy Krüger 90 Jahre alt. Auch das Allgäu kommt in seiner Geschichte vor

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Es gibt da in dem Film „Der Flug des Phoenix“die Notlandung einer Maschine mitten in der Sahara, bei der sich ein deutscher Flugzeugde­signer mit dem Namen Heinrich Dorfmann anbietet, die Kiste wieder flottzumac­hen. Als der von Hardy Krüger gespielte Deutsche erklärt, dass er Designer von Modellflug­zeugen ist („das ist im Prinzip genau dasselbe“), dreht James Stewart – er ist der Kapitän – fast durch bei einem geschätzte­n Bluthochdr­uck von 190 zu 115. Hier der germanisch­e Tüftler mit der nicht entspiegel­ten Brille, dort der amerikanis­che Praktiker. Was soll man sagen, das verblieben­e Häuflein schafft den rettenden Flug zurück.

Hardy Krüger, der heute mit seiner amerikanis­chen Frau Anita vorwiegend im kalifornis­chen Palm Springs lebt, ist der erste deutsche Schauspiel­er, der es nach dem Krieg zu internatio­naler Anerkennun­g brachte. Seine Erfolge waren nicht ausschließ­lich der filmischen Arbeit geschuldet. Als er 1962 mit dem legendären Regisseur Howard Hawks den spektakulä­ren Großwildjä­gerStreife­n „Hatari!“drehte, dachte Veteran John Wayne, dass er bei einem Trinkgelag­e leichtes Spiel mit dem Deutschen haben würde. Von wegen. Der schluckte erst einmal fünf Löffel Olivenöl, wie die Legende erzählt. Das Ergebnis: Es war Wayne, der anschließe­nd flachlag.

Der Blonde mit den blauen Augen stand auch mit Claudia Cardinale, Roger Moore oder Sean Connery vor der Kamera. Heute wird der Mann, dem ein unglaublic­her Wandel vom Hitlerjung­en zum Kämpfer gegen Rechts gelang, 90 Jahre alt.

Dank seiner Persönlich­keit schaffte es Krüger, das negative Klischee des „hässlichen Deutschen“aufzubrech­en. Eine besondere Rolle spielt die Jugend bei Hardy Krüger. Die hat mit dem Allgäu zu tun. Der gebürtige Berliner, der von seinen Eltern zum „Nazi“, so seine Worte, erzogen wurde, kam 1941 auf die Adolf-Hitler-Schule der „Ordensburg Sonthofen“, ein NS-Elite-Internat. „Spaß gemacht hat mir dort nur die Fliegerei“, erinnert sich Krüger. „Ich habe in Sonthofen einen Minderwert­igkeitskom­plex entwickelt, mir selbst die Schuld gegeben, dass es mir dort nicht gefallen hat.“Sein politische­s Erwachen hatte der junge Mann den Schauspiel­ern Hans Söhnker und Albert Florath zu verdanken. Söhnker half, Juden vor den Nazis zu verstecken, Florath war einst sozialisti­scher Abgeordnet­er der Bayerische­n Nationalve­rsammlung. Später desertiert­e der junge Krüger, kam in amerikanis­che Gefangensc­haft.

Komödien, Krimis, Melodramen, Krüger nahm in Deutschlan­d alles, wie es kam. Die Hauptrolle in dem britischen Film „Einer kam durch“bescherte ihm 1957 einen phänomenal­en internatio­nalen Start. Er verkörpert­e den deutschen, aus der Schweiz stammenden Jagdfliege­r Franz von Werra, der 1940 über England abgeschoss­en wurde, als Gefangener nach Kanada kam und sich von dort über die USA und Südamerika nach Deutschlan­d durchschlu­g. Der Film wurde ein Hit, Werras Nazi-Karriere indes nur angedeutet.

Abseits von Hollywood zeigte der französisc­he Film „Sonntage mit Sybill“von Serge Bourguigno­n, der 1962 den Auslands-Oscar gewann, einen sensiblen Hardy Krüger – trauriges Ende inklusive.

Über seine Filmkarrie­re spricht der Mann mit dem noch immer jungenhaft­en Charme nicht gern. Für den Fernsehzus­chauer war er eher der „Weltenbumm­ler“, der Sehnsucht nach den Weiten Kanadas weckte, bevor das riesige Land zur beliebten Urlaubsdes­tination wurde. Mit seiner Momella Lodge in Tansania ist er finanziell gescheiter­t. Ein afrikanisc­her Traum endete, auch wenn der Titel des ersten Buches „Eine Farm in Afrika“sich wie ein Werk der Bestseller-Autorin Tania Blixen anhörte. Längst folgten weitere, auch erfolgreic­he Bücher. Seit einigen Jahren engagiert sich der Vater der schauspiel­ernden Kinder Christiane und Hardy jr. gegen Rechtsextr­emismus. „Hebt euch ab von den Politikver­drossenen und anderen Gedankenlo­sen“fordert er in seinem Buch „Was das Leben sich erlaubt. Mein Deutschlan­d und ich.“In Schulen erzählt er nun von den Erfahrunge­n aus seinem politisch durchaus problemati­schen Leben.

 ?? Fotos: Imago, dpa Film, Axel Heimken, dpa ?? Hardy Krüger aus drei Jahrzehnte­n: 1962 spielte er mit John Wayne und Red Buttons in „Hatari!“(großes Bild). 1977 gab Krüger den General Ludwig in „Die Brücke von Arn heim“(Foto oben links). Heute, im Jahr 2018, blickt er ganz offen auch auf negative...
Fotos: Imago, dpa Film, Axel Heimken, dpa Hardy Krüger aus drei Jahrzehnte­n: 1962 spielte er mit John Wayne und Red Buttons in „Hatari!“(großes Bild). 1977 gab Krüger den General Ludwig in „Die Brücke von Arn heim“(Foto oben links). Heute, im Jahr 2018, blickt er ganz offen auch auf negative...

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