Friedberger Allgemeine

Schwäbisch? Umms Verrega!

Als Neu-Augsburger versteht man hier manchmal nur Bahnhof. Aber es gibt Wörter, die sind einfach herrlich

- Fotos: Bernhard Weizenegge­r

mit der Ruhe“hätte ich besser verstanden.

Ansonsten muss ich zugeben: Je länger ich hier in Augsburg wohne, umso mehr Sympathie entwickle ich für die regionalen Eigenheite­n und Verhaltens­weisen, die sich auch offensicht­lich in der Sprache widerspieg­eln. „Bloß net hudla“klingt auf jeden Fall nach einer wunderbare­n Lebenseins­tellung. Oder wenn folgender Satz fällt: „Isch halt so!“, dann weiß ich: Die Diskussion ist vorbei. Es bringt nichts, auch nur ein weiteres Wort zu sagen. Das hilft vor allem, wenn man das letzte Wort haben will.

Wirklich toll finde ich auch den Spruch: „Umms Verregga net!“Das verleiht einem einfachen: „Nein!“noch so viel Kraft und Ausdruck. Manchmal muss ich aber aufpassen. Wenn ich beispielsw­eise sage: „Was sind das für Bratzen?“, dann meine ich: „Was sind das für unangenehm­e, weibliche Personen?“Wenn ein Augschburg­er das sagt, dann meint er: „Was sind das für große Hände?“Wenn ich von einer Bulldogg(e) spreche, meine ich einen

Hund, der Augschburg­er einen Traktor. Und mit den Körperteil­en halten es die Augschburg­er nicht so genau. Das Bein kann auch mal der Fuß sein. Hängt ja immerhin irgendwie zusammen.

Manche Wörter klingen auch unglaublic­h exotisch. „Ratscha“könnte ein indischer Fürst sein, ist aber nur die Steigerung von „Schwätza“. Macht besonders Spaß in einer Frauenrund­e. „Kommion“klingt irgendwie nach einer japanische­n Kampfsport­art, ist aber nur schwäbisch für „Kommunion“. Andere Begriffe sind sehr treffend. „Glump“ist für mich das perfekte Wort, um unbrauchba­re, unnütze Dinge zu benennen. Und wiederum andere klingen wie Fantasiesp­rache.

„Schwäbisch schwätza“werde ich wohl nie richtig. Dialekte sollte man den Menschen überlassen, die damit aufgewachs­en sind. Für „Neig’schmeckte“– was für ein witziges und treffendes Wort! – ist es sowieso schwer, den Durchblick zu bewahren. Sei es auch nur zu verstehen, wann das „-e“am Ende verschluck­t und wann besonders betont wird, oder wann ein „-en“zu einem „-a“wird, wie bei „Kuacha“.

Nichtsdest­otrotz macht es Spaß, den Dialekt-Sprechende­n zuzuhören und zu erraten, was sie mir jetzt eigentlich sagen wollen. Vielleicht sollte ich beim nächsten Gespräch mein „Kowelenzer Platt“oder mein „Rhoihessis­ch“auspacken. Dann bin ich nicht die Einzige, die nur Bahnhof versteht.

Anahit Chachatrya­n, 27, wurde in Armenien gebo ren. Sie studierte Human geografie und arbeitet als Journalist­in. Vor Kurzem zog sie von Hessen nach Augsburg.

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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