Sie hat den richtigen Schwung
Stockschützin Franziska Schwertfirm betreibt den Sport seit ihrer Kindheit. Mit dem TSV Kühbach holte die 33-Jährige in diesem Jahr die deutsche Meisterschaft auf dem Eis. Ihr geht es aber nicht um Titel
Kühbach Franziska Schwertfirms Blick ist auf das Ziel gerichtet. Den Stock streckt sie in die Richtung, in die das Spielgerät am Ende gleiten soll. Dann holt die 33-Jährige aus, geht leicht in die Knie und schiebt den Stock über den Pflasterboden. Für die Stockschützin vom TSV Kühbach, die mit zwölf Jahren mit dem Sport begonnen hat, Routine. „Es kommt auf den Bewegungsablauf an. Der muss sitzen“, erklärt die Weilacherin.
Und bei Schwertfirm sitzt der Ablauf. Mehrmals gewann sie mit der Kühbacher Frauenmannschaft die deutsche Meisterschaft auf Eis, so auch in diesem Jahr. Der Titel 2018 war dabei ein ganz besonderer, auch für die 33-Jährige. Denn selten war ein Finale so dramatischwie das in Peiting. Gegen Mehring setzten sich die Kühbacherinnen am Ende mit 23:21 durch. Erst mit dem letzten Stock stand der Sieg fest. Bei Schwertfirm und Co. gab es kein Halten mehr. „Es flossen Tränen, der Jubel war groß. Das waren Emotionen pur.“
Ihr schönster Erfolg war aber der Gewinn des Europacups vor ein paar Jahren. „Wir waren öfters ganz nah dran, sind dann aber meist knapp gescheitert. Deshalb war es eine Art Befreiung.“Sosehr sich die 33-Jährige über die vielen Titel freut, so steht der Erfolg nicht im Vordergrund: „Das ist zweitrangig. Mir geht es um das Miteinander und den Spaß. Deshalb trete ich auch nicht im Einzelwettbewerb an. Wenn es keinen Spaß mehr macht, muss man aufhören.“Schwertfirm ist ein Teamplayer. Im vergangenen Jahr setzte sie aufgrund der Geburt ihres zweiten Kindes aus. Aufgrund des Trainingsrückstandes schoss sie dann an der ungewohnten Position eins. „Eine wichtige Position, denn wenn der erste Stock gut liegt, hat man einen Vorteil“, erklärt Schwertfirm. „Das richtige Tempo ist wichtig. Dafür braucht man Gefühl.“
Bei den Mannschaftswettbewerben profitieren die Kühbacherinnen auch von ihrem eingespielten Team. Das trifft besonders auf Schwertfirm und ihre Schwester Veronika Filgertshofer zu, die seit vielen Jahren ein erfolgreiches Gespann bilden. „Wir haben so etwas wie ein blindes Verständnis. Wir sprechen uns schon ab, aber viel sagen müssen wir nicht. Meistens reichen ein paar Zeichen, groß diskutiert wird nicht.“Neben der Erfahrung sei auch die Taktik ein wichtiges Element: „Natürlich spielt das eine Rolle. Du musst wissen, welche Typen in der Mannschaft sind und wie du gegen den jeweiligen Gegner spielen willst. Es gibt auch Teams, die extrem defensiv spielen.“
Abteilungsleiter Anton Stadlmair bezeichnet seine Frauen gerne als „Aushängeschild“. Der 62-Jährige ist selbst der größte Fan des Teams und kennt Schwertfirm schon seit Jugendtagen. „Sie hat ein gutes Gefühl. Von der Technik her ist sie sehr stark, deshalb hat sie nach der Babypause auch kaum Anlaufschwierigkeiten gehabt. Außerdem, wenn sie auf der Bahn steht, will sie auch gewinnen.“
Angefangen hat alles beim TSV Weilach. Vater Johann Weigl nahm sie mit zum Stockschießen. Es dauerte nicht lange, da warf die damals Zwölfjährige ihre ersten Stöcke. „Es hat mir Spaß gemacht, und dann bin ich dabeigeblieben.“Da es später in Weilach keine Jugend-Mannschaft mehr gab, wechselte sie gemeinsam mit Schwester Veronika zum TSV Kühbach. Stadlmair erinnert sich: „Sie hat sich stetig verbessert, auch das ganze Team. In der Jugend war schon zu erkennen, was sie später einmal erreichen können.“Beim TSV Kühbach entwickelte sich Schwertfirm zur Stammspielerin. Sie spielte auch viele Jahre mit Mutter Marianne Weigl erfolgreich im Team. Die gelernte Zahnarzthelferin kommt also aus einer echten Stockschützenfamilie.
Ihre zweite große Leidenschaft ist das Skifahren. Sooft wie möglich geht es für die 33-Jährige in die Berge. „Das war ohne Kinder noch einfacher“, erzählt die zweifache Mutter, die 2013 schon einmal für ein Jahr ausgesetzt hatte. Derzeit arbeitet sie in einer Praxis für Physiotherapie in Gerolsbach. Wenn sie ihren Arbeitskollegen vom Stockschießen erzählt, sind die Reaktionen unterschiedlich. „Manche kennen es gar nicht. Denen sage ich dann, sie sollen mal bei Youtube schauen.“