Unternehmer stellt falschen Polizisten eine Falle
Sie geben sich am Telefon als Beamte aus, jagen Senioren Angst ein und nehmen ihnen Geld ab. Doch bei Anton Lotter sind die Täter an den Falschen geraten. Er half den Ermittlern, einen Verdächtigen vor Gericht zu bringen
Sie geben sich am Telefon als Beamte aus, jagen Senioren Angst ein und nehmen ihnen Geld ab. Doch bei Anton Lotter sind die Täter an den falschen geraten. Der Geschäftsmann half den Ermittlern, einen Verdächtigen vor Gericht zu bringen.
Stadtbergen Anton Lotter, 81, ist ein erfahrener Geschäftsmann. Er lässt sich so leicht nichts vormachen. Und doch geriet auch er ins Zweifeln, als er im November einen Anruf von einem angeblichen Polizisten bekam. Der vermeintliche Beamte erklärte dem bekannten Immobilienunternehmer, Einbrecher hätten es auf sein Geld abgesehen. Auf der Bank sei das Geld auch nicht sicher, Mitarbeiter dort seien ebenfalls kriminell. Lotter aber wurde nicht zum Opfer. Er half der Polizei, den Tätern eine Falle zu stellen. Ein 25-jähriger Verdächtiger wurde verhaftet. Am Mittwoch wurde der Mann nun vor dem Amtsgericht zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Der 25-jährige Mann mit türkischen Wurzeln war das letzte Glied in der Kette einer Betrugsmasche, die derzeit Hochkonjunktur hat. Die Anrufe kommen in der Regel aus Callcentern in der Türkei. Die Täter dort – sie werden als „Keiler“bezeichnet – sprechen meist akzentfrei Deutsch. Sie haben selbst oft lange in Deutschland gelebt. In vielen Fällen wechseln sich mehrere Anrufer ab, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Im Fall von Anton Lotter waren es zwei angebliche Polizisten und eine vermeintliche Staatsanwältin, die sich immer wieder bei ihm meldeten.
Es gibt Verbindungsleute in Deutschland, die den Betrug mit organisieren. Und es gibt Mittäter, die als Geldabholer fungieren. In der Regel läuft der Betrug darauf hinaus, dass die Opfer ihr Vermögen in bar an einen Täter übergeben – im Glauben daran, es handele sich um einen Polizisten, der das Geld in Sicherheit bringt. Der 25-Jährige, nun in Augsburg vor Gericht stand und von den Anwälten Jörg Seubert und Andreas Thomalla verteidigt wurde, war ein solcher Abholer. Er fuhr mit einem Freund von Siegburg in Nordrhein-Westfalen ins mehrere hundert Kilometer entfernte Stadtbergen. Er wurde am Telefon als Polizist „Herr Fischer“angekündigt. Er wurde dann aber von echten Polizeibeamten überrascht, als er sich von Anton Lotter dessen Haus einen Umschlag geben ließ. Geld war nicht drin, es war nur eine Falle. Die Polizei war zu diesem Zeitpunkt schon im Boot und hörte mit, wenn die Betrüger mit Anton Lotter sprachen. Der Immobilienunternehmer musste zum Schein das ahnungslose Opfer mimen. Es gelang ihm, die kriminellen Anrufer zu täuschen. Viele Betroffene sind durch die Anrufe der falschen Polizisten so stark verunsider chert, dass man ihnen nicht zumuten kann, als Lockvogel zu agieren. Anton Lotter habe sich aber als nervenstark erwiesen, sagte ein Kriminalbeamter im Prozess aus.
Bei der Augsburger Polizei gibt es inzwischen eine eigene Ermittlungsgruppe, die sich ausschließlich mit dem Phänomen der falschen Polizisten beschäftigt. An die Hintermänner in der Türkei – mehrere Spuren führen die die am Mittelmeer gelevor gene Stadt Izmir – kommen sie bislang aber nicht ran. Die Zusammenarbeit mit Behörden in der Türkei sei derzeit leider sehr schwierig, sagt Polizeipräsident Michael Schwald. Es ist den Ermittlern, eingesetzt sind Fachleute für Organisierte Kriminalität, jedoch gelungen, mehrere Geldabholer festzunehmen und Opfer noch rechtzeitig zu warnen.
Der 25-jährige Angeklagte sagte aus, hinter dem groß angelegten Betrug stecke wohl der Familienclan Al-Zein, dessen Angehörige aus dem Libanon und der Türkei stammen. Das habe ihm ein Kontaktmann, der ihn anwarb, so erzählt. Angehörige der Großfamilie sollen vor allem im Ruhrgebiet und in Berlin in kriminelle Geschäfte verwickelt sein. Derselbe Name taucht auch in einem anderen Fall auf, der in diesen Tagen in Augsburg vor dem Amtsgericht verhandelt worden ist. Eine 81-jährige Frau aus Bobingen hat schon rund 70 000 Euro an Polizei-Betrüger verloren.
Als dann nochmal Geld bei ihr abgeholt werden sollte, scheiterte die Übergabe zwar. Dieses Mal war aber die Polizei da und nahm drei Männer fest, die eigentlich schon wieder nach Hause fahren wollten. Ihre Namen deuten darauf hin, dass auch sie zum Al-Zein-Clan gehören könnten. Die Männer behaupteten, nichts vom Betrug an alten Menschen gewusst zu haben. Einer der Angeklagten sagte, er habe gedacht, es gehe darum, Schulden für einen Freund einzutreiben. Die drei wurden trotzdem vor wenigen Tagen unter Vorsitz von Amtsrichter Baptist Michale verurteilt. Der Hauptakteur zu zwei Jahren und acht Monaten Haft. Die beiden anderen Täter zu einer Haftstrafe von 15 Monaten und zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten.