Polizisten auf der falschen Seite
Korruption unter Ermittlern ist auch in der Realität verbreitet
Augsburg Hauptkommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) versteht die Welt nicht mehr: Er soll einen Menschen umgebracht haben. Später stellt sich im Hamburger „Tatort“vom Sonntag jedoch heraus: Ein bestechlicher Kriminalrat versucht, ihm den Mord in die Schuhe zu schieben, um sein lukratives „Geschäftsverhältnis“mit einem libanesischen Verbrecherkartell weiterführen zu können. Korruption ist im Hamburger Tatort „Alles was Sie sagen“omnipräsent.
Auch in der Realität ist diese Form der Kriminalität fest verankert – und kommt selbst in den Polizeipräsidien vor.
Die Organisation Transparency International kritisiert, Deutschland würde zu wenig im Kampf gegen Korruption im öffentlichen Sektor, zu dem Bund, Länder und Gemeinden zählen, tun. Die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Berlin widmet sich der weltweiten Bekämpfung von Korruption. Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, wirft der Bundesregierung Versäumnisse vor: „Wer nur verwaltet und keine neuen Initiativen ergreift, läuft Gefahr, international abgehängt zu werden.“Dass durchaus auch Polizisten auf die schiefe Bahn geraten, zeigen etwa Fälle aus Bochum, Kempten und Berlin.
2008 stürmen Bochumer Ermittler die Wohnung eines Rockers. Der ehemalige Bandido-Anwärter brüstet sich bei seiner Verhaftung mit besten Beziehungen zum SEK Dortmund und beweist diese auch. Pikant: Trotz intensiver Überwachung kann die Rockergruppierung bei keiner schweren Straftat ertappt werden.
Ein Fall rief besonders in der Region große Aufmerksamkeit hervor: In Kempten wird 2015 der ehemalige Leiter des dortigen Rauschgiftdezernats zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der ChefDrogenfahnder konsumierte selbst Kokain. Woher die 1,854 Kilogramm Rauschgift stammen, die bei ihm gefunden wurden, kann nicht geklärt werden.
Rauschgift beendet auch die Karriere eines Berliner Polizisten. Im März 2018 geht er Ermittlern ins Netz. Seit Frühjahr 2016 soll der 39-Jährige bis zu 3000 Euro Schmiergeld monatlich für Tipps für bevorstehende Polizeikontrollen kassiert haben. Laut Anklage warnte er Gaststättenbetreiber, die in ihren Räumen einen florierenden Rauschgifthandel betrieben.
Ein Korruptionsproblem sieht Peter Schall, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Bayern, im Gespräch mit unserer Redaktion allerdings nicht. „Der Staat hat entsprechende Sicherheitsschranken eingebaut.“Spontan fällt ihm ein Korruptionsfall ein: „Es gab Kollegen, die für Dateiabfragen von einer Detektei Geld erhalten haben.“Ganz ausschließen könne man Korruption jedoch nie: „Im Kleinen ist das schwer zu überwachen.“Schall verweist auf die Verkehrsüberwachung. Schwarze Schafe, die Verkehrssünder etwa gegen Geld ungeschoren davonkommen lassen, seien kaum zu überführen. Er kenne jedoch genügend Fälle, in denen Kollegen Bestechungsversuche auf der Straße zur Anzeige brachten.