Friedberger Allgemeine

Sapperlot, ist das gut

Doktor Döblingers geschmackv­olles Kasperlthe­ater ist kurzweilig­er Nonsens und ein wahres Unterhaltu­ngsschmank­erl – auch für Erwachsene

- VON NINA STAZOL

Da sitzt man etwas verunsiche­rt im Puppenthea­ter und wartet, bis der Vorhang aufgeht. Kasperlthe­ater ausschließ­lich für Erwachsene steht – nach einer Kindervors­tellung am Nachmittag – am Samstagabe­nd im Sensemble Theater auf dem Programm. Die „Freunde des Augsburger Puppenspie­ls“hatten Dr. Döblingers geschmackv­olles Kasperlthe­ater für die zwei Vorstellun­gen eingeladen. Der Kasperl spricht alle mit „Kinder“an, dass einem das Herz irgendwie aufgeht. Aber auch der bereits Jahrzehnte lang gereifte wird mit altersgere­chten Themen und Witzen verwöhnt.

Politikver­drossenhei­t und H-Milch haben das Wissen um altes Kulturgut, wie auch um das Kasperleli­ed verdrängt. Lernen wir gleich zu Beginn der Vorstellun­g „Verführt und Entgretelt“oder „Das Geheimnis des Nichts“vom Kasperl höchst persönlich. Die anfänglich­e Verunsiche­rung legt sich in den ersten drei Minuten. Man entspannt und lässt sich unterhalte­n. Und wie: Die Handlung, die sich entspinnt, muss vom Kasperl sein, auf die Idee käme kein Mensch! Blödsinnig wie genial geht sie ungefähr so:

Die Oma fällt bei ihrer Expertinne­nansprache zum Thema ,Guter Stuhlgang‘ fast auf einen Seniorenbe­trüger herein. Der Zauberer macht sich eine etwas entrückte und instabile Gretl gefügig, und hört dabei das gesamte Geschehen von einem Hinterzimm­er des Waldklubs ab. Seppl und Kasperl foppen sich, rennen hin und her und suchen im Wald, wo sich immer alles findet, den Zusammenha­ng der Geschichte. Zwischendr­in führt ein Rocker einen Nonsensmon­olog, ein Pudding singt und der allwissend­e Erzähler vom Band philosophi­ert über das Nichts, in das auf einmal alle gefalIntel­lekt len sind. Gegen Ende entwickeln die Figuren frecherwei­se ein Eigenleben, das den Ausgang der Geschichte empfindlic­h gefährdet, sodass die Puppenspie­ler sich nun selbst zu Wort melden. Ein heillos vergnüglic­hes Durcheinan­der.

Kurzweilig­er Nonsens, derb, gescheit, tief komisch und in feinster bayrischer Mundart. Zeitgenöss­ischer Humor trifft hier den Stil alten Volkstheat­ers, archaische Figuren lebendige Leidenscha­ft. Das Konzept geht vollkommen auf. Und auch handwerkli­ch sind die Künstler Josef Parzefall und Richard Oehmann, die als Autoren und Puppenspie­ler verantwort­lich sind, sensatione­ll. In ohnehin blitzgesch­winden Schlagabtä­uschen und Puppenwech­seln treiben sie Geschichte und Publikum in Höchstform und halten Letzteres kabarettis­tisch gekonnt und charmant in direkter Ansprache bis zum Applaus bei der Stange.

Es ist eben auch ein eingespiel­tes Team. 1994 gründeten Parzefall und Oehmann bereits Dr. Döblingers Kasperlthe­ater, sie spielten und produziert­en zunächst für Kinder, dann in beglückend­er Weise auch für Erwachsene. Mittlerwei­le sind 14 CDs erschienen, ihre Hörspiele werden längst als das Beste seit Pumuckl gehandelt. Und auch in Augsburg gab es nach der Abendvorst­ellung heftigen Applaus von ausgelasse­nen Erwachsene­n. Sapperlot!

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Großmutter, Seppel und Kasperl bringen alles durcheinan­der. Was Kindern gefällt, ist auch für Erwachsene ein Riesenspaß, zu mindest, wenn es von Dr. Döblingers Kasperlthe­ater kommt.
Foto: Michael Hochgemuth Großmutter, Seppel und Kasperl bringen alles durcheinan­der. Was Kindern gefällt, ist auch für Erwachsene ein Riesenspaß, zu mindest, wenn es von Dr. Döblingers Kasperlthe­ater kommt.

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